SRF Sport: Noch im Januar bestritten Sie mit dem FCZ im Trainingslager in der Türkei ein Testspiel gegen den KFC Uerdingen. Nur wenige Tage später wechselten Sie nach Krefeld – Zufall?
Roberto Rodriguez: Ich habe gehört, dass man bei Uerdingen Interesse an mir hat. Aber am Tag des Testspiels wusste ich noch nicht, dass ich dorthin wechseln werde. Das hat sich erst danach konkretisiert.
Nachdem Sie beim FCZ in der Hinrunde nur noch zu 7 Einsätzen gekommen sind, lag ein Wechsel auf der Hand. Dass es Sie zu Uerdingen in die 3. Liga zog, kam dennoch überraschend. Auch für Sie?
Das Projekt hat für mich interessant getönt. Einerseits konnte ich einen langfristigen Vertrag unterschreiben, der mir auch eine gewisse Sicherheit gibt. Andererseits hat der Klub Ambitionen und strebt den Aufstieg in die 2. Bundesliga an.
Hier wird der Fussball einfach gelebt!
Die 3. Liga hat Sie also nicht abgeschreckt?
Nein, das Gesamtpaket stand für mich im Vordergrund. Ich musste etwas recherchieren, aber ich wusste bereits, dass es sich beim KFC Uerdingen um einen Traditionsverein handelt, der auch schon in der Bundesliga gespielt hat. Und auch Stéphane Chapuisat hat hier einst gespielt. Als ich dann gesehen habe, welche Mannschaften sonst noch in dieser Liga spielen, bin ich schon etwas erschrocken.
Inwiefern erschrocken?
Ich meine erschrocken im positiven Sinn. Das sind Mannschaften wie Kaiserslautern oder 1860 München, welche vom Format her Bundesliga spielen müssten. Auch mit den Fans, die sie haben.
Ihr Lebensmittelpunkt liegt jetzt direkt neben dem Ruhrpott, wo auch grosse Klubs wie der BVB und Schalke zuhause sind. Welchen Stellenwert hat der KFC Uerdingen in der Region?
Man spricht gerade in jüngerer Vergangenheit in ganz Deutschland über den Klub. Mit Michail Ponomarew ist ein russischer Investor mit grossen Ambitionen eingestiegen. Klar hat der Klub nicht den gleich hohen Stellenwert wie Borussia Dortmund, Düsseldorf oder Schalke, die alle in der 1. Bundesliga spielen. Aber man spricht über Uerdingen. Und das ist schon einmal gut.
Können Sie uns etwas über die Unterschiede zwischen der Schweizer Super League und der 3. Liga in Deutschland sagen?
Vom Niveau her muss sich die 3. Liga überhaupt nicht verstecken. Ehrlich gesagt war ich selbst etwas erstaunt, dass das Niveau so hoch ist. Ich denke, die Super League kann von der 3. Liga – insbesondere was den Teamgeist anbelangt und auch in Sachen Mentalität der Fans – etwas lernen. Duisburg und Magdeburg – die haben regelmässig 15'000 Zuschauer. In der Super League gibt's das nur bei YB und Basel. Hier wird der Fussball einfach gelebt!
Dortmund ist eine Weltklasse-Mannschaft, in erster Linie müssen wir es geniessen.
Bei Uerdingen gehören Sie mit 29 Jahren zu den erfahrenen Spielern, sind schnell zum Führungsspieler avanciert. Zudem sind sie vermehrt auf der Spielmacherposition anzutreffen. Wie gefällt Ihnen diese neue Rolle?
Ich spiele jetzt mehr im Zentrum, was mir durchaus entgegenkommt. Was die taktischen Dinge angeht, hat mir die «Schweizer Schule» schon sehr viel gebracht. Ich fühle mich sehr wohl in meiner Rolle, zudem war ich immer einer, der gerne Verantwortung übernimmt.
Sie spielen bei Uerdingen zusammen mit dem ehemaligen BVB-Profi Kevin Grosskreutz, zudem ist Heiko Vogel seit April Trainer. Prominente Namen für einen Drittliga-Klub.
Das ist so. An dieser Stelle gilt es zudem Stefan Aigner aufzuzählen, der lange bei Frankfurt gespielt hat. Oder Jan Kirchhoff, der lange bei Bayern München war. Aber auch Dominic Maroh, der 6 Jahre beim 1. FC Köln war. Es ist sehr interessant zu sehen, wie diese als Menschen und als Fussballer funktionieren.
Am Freitag steht mit dem DFB-Pokalspiel gegen Borussia Dortmund bereits ein Saison-Highlight an. Was rechnen Sie sich für Chancen aus?
In erster Linie müssen wir dieses Spiel geniessen. Und die Atmosphäre aufsaugen. Wir spielen mit Dortmund gegen eine Weltklasse-Mannschaft, wir haben absolut nichts zu verlieren.
Mit Uerdingen ist es das Ziel, früher oder später in die 2. Bundesliga aufzusteigen. Welche sportlichen Träume haben Sie sonst noch?
Ich träume davon, gesund zu bleiben. Das ist das Wichtigste. Ich freue mich im Moment einfach, dass ich da bin und den Fussball in Deutschland erleben kann. Aber klar, wenn wir von Träumen sprechen, wäre es natürlich der grösste Traum, mit Uerdingen in die 1. Bundesliga aufzusteigen.
Resultate
Das Gespräch führte Michèle Rubli
Sendebezug: Radio SRF4 News, Bulletin von 17:17 Uhr, 07.08.2019