Einen Meistertitel in Deutschland zu verteidigen ist eine komplizierte Sache. Nur vier Klubs haben das in 61 Jahren Bundesliga erfolgreich geschafft: Rekordchampion Bayern München natürlich und Borussia Dortmund in diesem Jahrhundert sowie der Hamburger SV und Borussia Mönchengladbach in den 1970er- beziehungsweise 1980er-Jahren.
«Wir wissen, dass die Erwartungen viel höher sein werden als letzte Saison», bringt Granit Xhaka das Problem auf den Punkt und setzt Stillstand mit Rückschritt gleich: «Wir müssen sehen, in welchen Bereichen wir uns verbessern können.»
Kann Alonso die Erfolge bestätigen?
Mit Xabi Alonso, der im Sommer den Avancen namhafterer Klubs widerstand, wähnt der Nati-Captain genau dafür den richtigen Mann an der Seitenlinie. «Trotz der Angebote ist er bei uns geblieben und glaubt daran, dass dieses Team den nächsten Schritt machen kann.»
SRF-Experte Peter Knäbel hat Bayer ganz oben auf dem Zettel, wenn es um den Titel geht. «Die Leverkusener haben mit dem Sieg im Supercup gegen Stuttgart gezeigt, dass sie die Mentalität beibehalten konnten. Sie haben sich noch einmal gut verstärkt und das Kader gut zusammengehalten. Sie sind für mich der erste Titelkandidat.»
Posse um Tah
Alonso gab unter anderem dem entthronten Serienmeister aus München einen Korb, der nun mit dem eher unerfahrenen Vincent Kompany zum Angriff bläst. Der Belgier hatte zunächst davon ausgehen dürfen, zwei Abwehrspieler aus Leverkusens Meisterteam zur Verfügung zu haben.
Doch der Transfer von Jonathan Tah an die Isar zerschlug sich, der deutsche Nationalspieler soll nun doch über eine Verlängerung seines Vertrages bei der «Werkself» nachdenken. Josip Stanisic ist nach seiner Leihe zwar zurückgekehrt, verletzte sich aber gleich und wird in den nächsten Wochen fehlen.
In den Jahren zuvor hätte sich wahrscheinlich kein Konkurrent von Bayern München erlaubt, so etwas Wertendes zu jemandem wie Max Eberl zu sagen.
Das Gezerre um Tah wurde in den letzten Wochen auch öffentlichkeitswirksam ausgetragen. Leverkusen-CEO Fernando Carro attackierte Bayerns Sportdirektor Max Eberl verbal («Ich halte nichts von ihm, absolut nichts»), entschuldigte sich aber später für seine vor Fanvertretern geäusserten Aussagen.
Für Knäbel dennoch ein Zeichen, dass der Nimbus der vormals unantastbaren Bayern ins Wanken gekommen ist: «In den Jahren zuvor hätte sich wahrscheinlich kein Konkurrent von Bayern München erlaubt, so etwas Wertendes zu jemandem wie Max Eberl zu sagen.»
Grosse Investitionen
Nach der Ära Tuchel wurde bei den Bayern kräftig investiert, 130 Millionen Euro liess man sich die Verstärkungen kosten. Der Japaner Hiroki Ito von Stuttgart und der Portugiese Joao Palhinha von Fulham sollen die Defensive stabilisieren, dafür gab man Matthijs de Ligt und Noussair Mazraoui an Manchester United ab.
Und vorne setzt man grosse Hoffnungen in den 22-jährigen Michael Olise, der mit Frankreich an den Olympischen Spielen für Furore sorgte und mit 53 Millionen Euro (an Crystal Palace) der teuerste Neuzugang der Bundesliga-Saison ist.