Wenn am Donnerstag die Schweiz Liechtenstein zum Test bittet (17:30 Uhr, live in der SRF Sport App), heisst der prominenteste Kicker in den Reihen der Gäste Dennis Salanovic. Im Barrage-Hinspiel gegen Sion hatte er Thun die kleine Hoffnung mit dem Tor zum 1:4 noch einmal zurückgebracht.
Doch das Wunder blieb aus, am Nachmittag des letzten Sonntags im Mai stand fest: Die Berner Oberländer müssen ein weiteres Jahr in der Challenge League bestreiten.
«Es ist immer noch schwierig, an die beiden Spiele zurückzudenken», erzählt er im Gespräch mit SRF. «Aber mehr und mehr überwiegt der Stolz darüber, was für eine enorme Leistung wir gezeigt haben. Dass wir nach dem schlechten Start noch den Barrageplatz erreichen, hätte uns kaum jemand zugetraut.»
Es weder der erste noch der härteste Rückschlag, den Salanovic zu verkraften hat. Seine Karriere gleicht einer Achterbahnfahrt, mit 25 Jahren hat er die Höhen und Tiefen des Fussballgeschäfts erlebt. Doch von Anfang an: In Liechtensteins Nachwuchs entdeckt ihn ein Scout, noch vor dem 18. Geburtstag überzeugt er in einem Probetraining in der U19 von Atletico Madrid, wo er fortan zum Einsatz kommt. Im Sommer 2014 darf er mit der 1. Mannschaft trainieren, sich mit Antoine Griezmann oder Fernando Torres messen.
Ich hatte einige Rückschläge, die mich dazu gebracht haben, mir keine zu hohen Ziele mehr zu stecken.
Mit dem langfristigen Ziel in einer europäischen Big-Five-Liga zu spielen wechselt er in die 1. kroatische Liga zum NK Istra. Nach einem Investorenwechsel fliegt er endgültig aus dem Kader. Salanovic ist 19 Jahre alt und steht bereits am Scheideweg seiner Karriere. Aus Duellen mit Griezmann und Träumen von der La Liga wird ein Stammplatz auf der Tribüne des Klubs aus Istrien. Ein halbes Jahr lässt er sich das gefallen, dann reist er zurück, vom grossen Madrid ins kleine Schaan, zieht wieder bei den Eltern ein.
«Als junger Profi wollte ich unbedingt in einer Top-5-Liga spielen. Ich hatte einige Rückschläge, die mich dazu brachten, mir keine zu hohen Ziele mehr zu stecken, mich nicht unter Druck zu setzen. Es wird sich zeigen, wo der Weg hinführt. Ich will bei Thun eine möglichst gute, verletzungsfreie Saison absolvieren, Einsatzminuten sammeln.»
Frick brachte ihn wieder auf Kurs
Liechtensteins Nachwuchsfussballer 2014 scheint gescheitert. Weil die Angebote auf höchstem Niveau ausbleiben, kommt er beim FC Balzers in der Viertklassigkeit unter. Spielertrainer dort: ein gewisser Mario Frick, der Salanovic fördert, die Freude am Fussball zurückbringt. Tobias Guerreiro, zu diesem Zeitpunkt Mitspieler von Salanovic, erinnert sich gegenüber SRF: «Man merkte sofort, dass er technisch auf einem höheren Level ist und über enorme Geschwindigkeit verfügt.» Nach einer halben Saison holt ihn Rapperswil-Jona, dort steigt er in die Challenge League auf.
Zur Spielzeit 2018/19 transferiert ihn Andres Gerber zu Thun in die Super League. Achterbahnfahrt, Teil 2: In der 2. Saison folgt der Abstieg in der Barrage – ausgerechnet gegen Vaduz und Förderer Frick –, Salanovics Karriere aber ist alles andere als am Ende.
Chiellini und Bonucci oder Ramos und Piqué: Im TV sieht man gar nicht, wie gut solche Spieler sind.
Dass sein Name Frick damals ein Begriff war, hat er dem Engagement in Liechtensteins Nati zu verdanken. Wenngleich für das kleine Fürstentum Niederlagen fast zum Normalzustand gehören, gerät er beim Erzählen ins Schwärmen:
«Wenn In Italien das ganze Stadion die Hymne mitsingt – Gänsehaut! Ich bin dankbar, dass man auch als kleines Land solche Partien bestreiten, sich mit Weltstars messen darf. Als Stürmer traf ich auf physisch extrem starke Gegenspieler wie Chiellini und Bonucci oder Ramos und Piqué. Im TV sieht man gar nicht, wie unglaublich gut solche Spieler sind. Die Ballannahme ist enorm flüssig, die ganze Angriffsauslösung eindrücklich.»
Ein ganz grosses Highlight im Trikot mit der Krone ist sein Tor gegen Griechenland in der Quali zur EM 2020. Sein später Ausgleich zum 1:1 sicherte dem Team aus dem «Ländle» ein sensationelles Remis in Athen. Was Salanovic dabei durch den Kopf ging? Nicht allzu viel, wie er erzählt:
Auf den Test gegen die Schweiz fiebert er regelrecht hin. Alle Thuner Mitspieler würden die Partie mitverfolgen, ist sich der 25-Jährige sicher. «Auf Wille und Einsatz setzen, kompakt stehen, Konter nutzen», so der Matchplan.
Nach dem Nachbarschaftsduell am steht am Montag ein Freundschaftsspiel auf den Färöern an. Hand aufs Herz, Dennis Salanovic: Freut man sich nach einer komplizierten Saison auf eine solche Partie? Ja, betont er, jedes Spiel mit dem Nationalteam freue ihn. Man kauft ihm das ab. Gegen Sölvi Vatnhamar statt mit Griezmann: Es ist okay für Salanovic. Vorübergehend.