Granit Xhaka steht vor einem Meilenstein, den vor ihm erst eine Handvoll anderer Spieler erreicht haben. Am Dienstag absolviert der 29-Jährige als erst sechster Akteur nach Heinz Hermann, Alain Geiger, Stéphane Chapuisat, Stephan Lichtsteiner und Xherdan Shaqiri das 100. Länderspiel für die Schweiz.
Dass Xhaka dieses Jubiläum ausgerechnet in einem Testspiel gegen das Mutterland seiner Eltern feiern wird, macht die ganze Sache noch um ein Vielfaches spezieller, als sie ohnehin schon ist. «Hätte ich ein Buch über meine Karriere schreiben müssen, es hätte genau so ausgesehen», so der vorfreudige Nati-Captain.
Ein Rucksack voller unterschiedlichster Emotionen
Fast 11 Jahre sind vergangen, seit Xhaka im A-Nationalteam debütiert hat. Er tat dies im wohl traditionsreichsten Stadion überhaupt, in einem EM-Quali-Spiel im Londoner Wembley (2:2). An diesen 4. Juni 2011 erinnert sich der Bald-Jubilar noch bestens: «Ich war überzeugt, dass ich emotional bereit sein würde. Als aber die Hymnen erklangen, hätte ich Ottmar Hitzfeld am liebsten darum gebeten, mich vom Feld zu nehmen. Ich war brutal nervös», schildert Xhaka.
Von den Emotionen her gehört das in die Top 3 meiner Karriere.
Auf dem Weg zu seinem 100. Länderspiel am Dienstag erlebte der Arsenal-Akteur so manche Hochs und Tiefs:
- WM 2014, erste grosse Endrunde : Dazumal noch als Rechtsaussen trägt Xhaka seinen Teil zu einer starken Schweizer Leistung im Achtelfinal gegen Argentinien bei. Die Nati unterliegt schliesslich hauchdünn mit 0:1 in der Verlängerung. Dennoch hat Xhaka auch schöne Erinnerungen an dieses Spiel: «Alle Argentinier im Stadion haben uns nach dem Schlusspfiff applaudiert und uns so gezeigt, wie nahe wir dran waren.»
- EM 2016, das Bruder-Duell: Gleich zum Vorrundenauftakt duelliert sich die Schweiz mit Albanien. Granit Xhaka steht seinem Bruder Taulant gegenüber. Ein Erlebnis, das für immer bleibt: «Von den Emotionen her gehört das in die Top 3 meiner Karriere.»
- EM 2016, der tragische Held : Im Achtelfinal gegen Polen scheitert Xhaka im Elfmeterschiessen als einziger Spieler vom Punkt und besiegelt damit das Aus der Schweiz. «Ich habe erst zuhause richtig realisiert, dass wir wegen mir ausgeschieden sind. Das hat mich mitgenommen.»
- WM 2018, Schlüsselspiel gegen Serbien : Dank einem 2:1-Sieg macht die Schweiz die Achtelfinal-Tür weit auf. Aufgrund des «Doppeladler-Jubels» der emotionsgeladenen Xhaka und Shaqiri rückt das Resultat jedoch immer mehr in den Hintergrund. Im Achtelfinal setzt es für die Nati gegen Schweden eine herbe Enttäuschung ab. «Im Spiel gegen Serbien habe ich extrem viel (mentale) Energie verloren. Der Fokus ging komplett verloren.»
- EM 2021, erst «Coiffeur-Gate», dann Coup : Frisch blondierte Nati-Cracks kassieren gegen Italien eine 0:3-Klatsche und kommen auch in den Medien unter die Räder. «Es ist schade, dass wir solche Ideen wie das Haare färben immer an grossen Turnieren haben», scherzt Xhaka. Auf die negativen Schlagzeilen folgte aber die Reaktion – und was für eine: «Das Spiel gegen Frankreich kann uns keiner mehr nehmen.»
Ein Spiel im Zeichen der Freundschaft
Mit dem Testspiel gegen den Kosovo vor vollen Rängen im Zürcher Letzigrund folgt für Xhaka zweifelsohne ein weiteres Karriere-Highlight. Dasselbe gilt auch für Shaqiri und Andi Zeqiri, die ebenfalls kosovarische Wurzeln haben. Murat Yakin ist sich bewusst, welch speziellen Charakter diese Partie besitzt: «Es wird sehr emotional. Das Resultat ist immer wichtig, doch am Dienstag gelten sicher andere Prioritäten», so der Nati-Trainer.
Yakin will dieses an sportlicher Relevanz überschaubare Testspiel vor allem auch nutzen, um anderen Spielern eine Chance zu geben, sich zu beweisen. Bereits klar ist, dass Gregor Kobel das Schweizer Tor hüten wird. Auch Jordan Lotomba, Djibril Sow und Zeqiri könnten von Beginn an zum Einsatz kommen.
Mögliche Schweizer Aufstellung:
Kobel; Lotomba, Elvedi, Frei, Rodriguez; Xhaka, Sow; Okafor, Shaqiri, Vargas; Zeqiri.