Das neue Format der Uefa hat bei seiner Einführung für viel Gesprächsstoff gesorgt. Es sei viel zu kompliziert und es gehe letztlich um nichts, lautete der Vorwurf.
Nun, den Stellenwert einer EM oder WM kann eine Express-Qualifikation (4 Spiele) mit abschliessendem Vierländerturnier selbstredend nicht haben. Und noch ist unklar, wie der Wettbewerb auf Dauer bei den Fans ankommen wird. Einige Schlüsse lassen sich aber nach der ersten Austragung der Finals ziehen.
Die Spieler von Manchester City waren platt.
Zu den positiven Aspekten:
- Die Intensität der Partien war zum Teil sehr hoch. Und mit der Final-Affiche zwischen dem Gastgeber und der Niederlande fand das Turnier auch ein würdiges Ende.
- Die englischen Fans sorgten in Guimaraes zweimal für einen stimmungsvollen Rahmen. Ein allfälliges Spiel um Rang 3 zwischen der Schweiz und der Niederlande hätte hingegen wohl eine triste Kulisse ergeben. Daher ist sportlich für die Uefa alles richtig gelaufen. Ohne erhebliche Rabatte bei den Ticketpreisen (z.B. 10 Euro für das Spiel um Platz 3) wären die Stadien aber kaum so gut gefüllt gewesen.
- Der VAR kam dann zum Einsatz, wenn es ihn brauchte. Er griff zweimal zugunsten der Schweiz ein, zweimal zurecht.
Zu den kritischen Aspekten:
- Die Müdigkeit der Spieler und der Zeitpunkt kamen gerade den Engländern ungelegen. «Die Spieler von Manchester City waren platt», sagte RTS-Experte Steve von Bergen nach dem Halbfinal Niederlande – England. Und die Akteure von Liverpool und Tottenham mussten nach dem CL-Final erst einmal geschont werden.
- Die Organisation war doch etwas gar überladen. Dazu gehörten grosse Sicherheitskorridore und Ordnungshüter, die ihre Arbeit mit übertriebenem Ernst erledigten. Das aufwändige audiovisuelle Vorprogramm in den Stadien übertönte manchen Fangesang. Die dramatische Musik suggerierte eine unverhältnismässige Wichtigkeit des Wettbewerbs.
Intimer Rahmen vor der zerstückelten Euro 2020
Hat die Uefa dem Turnier vielleicht sogar zu viel Gewicht gegeben? Immerhin waren die Wege kurz. Die Fans pendelten zwischen Porto und dem rund 50 km entfernten Guimaraes hin und her. Damit entstand ein kleiner Turnier-Groove.
Im Zentrum von Porto gab es ein Public Viewing, das während des Finals sehr gut besucht war. Hupkonzerte folgten auf den Triumph der Portugiesen – wohl ein lokal beschränktes Phänomen.
Der kleine intime Rahmen kommt etwas antizyklisch daher. Bedenkt man, dass die Fifa eine WM mit 48 Teams anstrebt und auch die Uefa neue Wege geht. Nächsten Sommer steht die Euro mit 12 Spielstätten an. Sie wird für die Teams und Fans – wie die Nations League – eine ganz neue Erfahrung.
Wie die SRG-Experten das Mini-Turnier vor Ort erlebten, erfahren Sie im Video oben.