Nachdem Serbien zum fünften Mal in Folge die Europameisterschaft verpasst hatte und im Tal der Tränen war, wurde Dragan Stojkovic zu Hilfe gerufen. Nur drei Wochen vor dem ersten WM-Qualifikationsspiel übernahm die Fussball-Legende das serbische Nationalteam.
«Das Ziel ist, Katar zu erreichen. Das ist das Einzige, das mir wichtig ist», sagte der neue Coach, der einst die jugoslawische Nationalmannschaft als Captain an die WM sowie in den EM-Viertelfinal geführt und mit Olympique Marseille die Champions League gewonnen hatte.
Der Trainer ist die geheime Zutat von Serbien, mit seiner Autorität und seinem Charme der alten Schule.
«Piksi», so sein bekannter Spitzname, wusste, dass mit Portugal eine hohe Hürde im Weg nach Katar stehen würden. Doch das war egal. Die Ankunft von Stojkovic veränderte Serbien. Seine Entschlossenheit, alles zu geben, weckte neuen Glauben im Team und im Land. Unter der Führung des schillerndsten serbischen Fussballers aller Zeiten, begann die Mannschaft sofort aufzublühen: Plötzlich spielten sie flüssigen, atemberaubenden Fussball. In gewisser Weise ergab das Sinn.
Auch Rückschläge bringen Serbien nicht aus der Ruhe
Als Serbien im letzten Qualifikationsspiel auswärts gegen Portugal antreten musste, war Stojkovic deutlich wie immer: «Man hat mir gesagt, dass wir die Playoffs schon erreicht haben – aber das ist mir egal. Ich will den ersten Platz in der Gruppe.» Auf dramatische Weise wurde genau das Tatsache . Aleksandar Mitrovic erzielte in der 90. Minute den Siegtreffer; und der Traum begann dort, in Lissabon. Sieben Monate später träumt Serbien immer noch.
Nun, in den vier Nations-League-Spielen der letzten Tage, haben die Serben zwar gegen Slowenien und Schweden gewonnen. Doch gegen Norwegen zogen sie eine Niederlage ein und brachten es im zweiten Duell mit Slowenien nur auf ein Remis. Trotzdem hat sich die Stimmung in der Mannschaft nicht verschlechtert. Wie macht Stojkovic das?
Die serbische Mannschaft ist an den Ideen von «Piksi» gewachsen. Seine 3-4-1-2- oder 3-4-2-1-Aufstellungen können an Wahnsinn grenzen, wenn er sechs oder sogar sieben offensiv ausgerichtete Spieler aufstellt. Aber das Selbstvertrauen, das er diesen Spielern gibt, macht die Unausgewogenheit wett. Serbien spielt derzeit einen fesselnden Fussball, mit knackigen Kombinationen und explosiver Kreativität. Und die Spieler haben eine Menge Spass auf dem Platz.
Die offensive Qualität kommt von allen Seiten. Aleksandar Mitrovic schiesst immer noch mühelos Tore, Luka Jovic hat mit zwei Treffern seine Nützlichkeit unter Beweis gestellt und Dusan Vlahovic war verletzungsbedingt nicht einmal dabei. Dusan Tadic ist der «Maestro» und die beste Nummer 10, die Serbien seit Stojkovic hatte. Sergej Milinkovic-Savic kann im Mittelfeld alles, während Filip Kostic gerade zum Europa-League-Spieler der Saison gewählt wurde. Es gibt nicht viele Trainer, die diese Qualität besser vereinen könnten.
Selbst nachdem Serbien am vergangenen Sonntag eine 2:0-Führung gegen Slowenien innerhalb von nur fünf Minuten leichtfertig verspielte und damit markante Schwächen in der Defensive offenbarte, zweifelt niemand an Stojkovic. Der Trainer ist die geheime Zutat von Serbien, mit seiner Autorität und seinem Charme der alten Schule. Er ist der Grund dafür, dass die Serben ihr Team als um Längen besser ansehen als noch jenes in Russland 2018.
Vielleicht hätte «Piksi» gerne zwei weitere Innenverteidiger von der Qualität von Nikola Milenkovics in den eigenen Reihen. Aber Stojkovics Einfallsreichtum hat die gegnerischen Spieler schon vor 30 Jahren verblüfft. Jetzt erwartet die ganze Nation, dass er für Brasilien, Kamerun und auch die Schweiz bei der Weltmeisterschaft neue Tricks findet.