Dass Deutschland und England bereits vor dem letzten Spieltag der Nations League keine Chance mehr haben würden, das Finalturnier zu erreichen, war nicht zu erwarten. Doch seit dem letzten Freitag ist dies Tatsache. Deutschland verlor überraschend 0:1 gegen Ungarn, England mit dem gleichen Resultat gegen Italien.
Die Neuauflage des letztjährigen EM-Achtelfinals im Wembley wird damit zur Kehrauspartie. Besonders in England, das damals den grossen Rivalen 2:0 besiegte und bis in den Final vorstiess, herrscht Katerstimmung. Im Auge des Sturms ist Trainer Gareth Southgate.
Der Hashtag #SouthgateOut trendete auf den sozialen Netzwerken. Und dies, nachdem der ehemalige Verteidiger letzten Sommer noch als Held gefeiert worden war. «Es ist schwierig genau festzustellen, warum wir nicht treffen», sagte Southgate nach dem 0:1 in Italien. Eine gewisse Ratlosigkeit begleitete die Aussage. Tatsächlich: In der Nations League gab es beim 1:1 in Deutschland im Juni das einzige Tor in 5 Spielen. Die Offensive ist das Sorgenkind.
Nach dem 2:1-Sieg gegen die Schweiz im März gab es noch ein 3:0 in einem weiteren Testspiel gegen die Elfenbeinküste – danach lief gar nichts mehr. Angesichts seiner beachtlichen Turnier-Resultate in der Vergangenheit (WM-Vierter 2018, Vize-Europameister 2021) dürfte Southgate zwar auch bei einer weiteren Niederlage gegen Deutschland nicht beurlaubt werden. Doch der Name von Thomas Tuchel, der kürzlich bei Chelsea gehen musste, geisterte in englischen (Boulevard-)Medien trotzdem herum.
Es ist mein Job, den Druck von den Spielern wegzunehmen.
Den Abstieg in die Liga B der Nations League bezeichnete auch die ansonsten zurückhaltende BBC als «beschämend». «Wenn die Reaktionen sich auf mich richten, ist das total in Ordnung, weil ich 52 bin und so gut wie alles durchgemacht habe», sagte Southgate. «Es ist mein Job, den Druck von den Spielern wegzunehmen.»
Flick verzichtet auf Schwarzpeterspiel
Interessanterweise klang es in Leipzig, wo sich die Deutschen auf das Duell mit England vorbereiteten, ganz ähnlich. Nach 13 Spielen ohne Niederlage in Folge bedeutete die Pleite gegen Ungarn – die erste seit Flicks Amtsübernahme – eine kleine Zäsur.
«Ich will keine Ausreden suchen», sagte der 57-Jährige. «Ich muss einen Teil des Ganzen auf meine Kappe nehmen.» Seine Aufstellung habe nicht funktioniert. Damit gelang es ihm, vom blutleeren Auftritt einiger Leistungsträger abzulenken – vor allem die Bayern-Spieler Thomas Müller und Serge Gnabry waren unter den Erwartungen geblieben.
7 Wochen vor dem Abflug nach Katar werfen sich die beiden Übungsleiter vor ihren Spielern in den Mediensturm. Diese stehen bei der letzten Standortbestimmung vor der WM in der Pflicht, etwas zurückzugeben.