Der Gastgeber darf sich als grosser Gewinner dieser WM der grossen sportlichen Überraschungen fühlen. «Wir sind froh, dass unsere Gäste alles mit eigenen Augen gesehen haben, dass ihre Mythen und Vorurteile zerbrochen sind», schwärmte Staatspräsident Wladimir Putin. Auch US-Präsident Donald Trump war entzückt.
Abgesehen von einer letzten unerwarteten Pointe (4 Aktivistinnen von Pussy Riot stürmten im Final den Rasen) hatten die Russen alles im Griff. Das Turnier war perfekt organisiert. «Es war die beste WM aller Zeiten», schwärmte Fifa-Präsident Gianni Infantino. Eine Bilanz in 5 Akten:
- Ein Hoch auf die russische Gastfreundschaft
Mit herzlicher Gastfreundschaft begeisterten die Menschen in Russland die zahlreichen ausländischen Fans. Die mangelnden Englischkenntnisse machten sie durch ihre sehr zuvorkommende, aber nie aufdringliche Art wett. «Die Wahrnehmung von Russland im Ausland hat sich geändert», glaubt WM-Cheforganisator Alexej Sorokin. «Wir können Fussball spielen, wir können Events gut organisieren.» In Anlehnung an Ex-US-Präsident Barack Obama ergänzte er: «We can.»
- Putins Dank an die Fans
Nach dem Final vom Sonntag bedankte sich Putin bei den ausländischen Fans. Vor dem Turnier sei viel darüber geredet worden, dass etwa englische Hooligans kommen und Unruhe stiften würden. «Aber alle haben sich einfach hervorragend benommen», sagte Putin in Moskau. Viele ausländische Fans hätten nun Russland kennengelernt und ihre Meinung über das Land geändert.
- Visumsfreie Russland-Einreise dank Fan-ID
Wer als Fan die WM in Russland vor Ort besucht hat, kann bis zum Ende des Jahres das Land unbürokratisch weitere Male besuchen. «Für ausländische Fans, die eine Fan-ID haben, machen wir eine mehrfache visumsfreie Einreise nach Russland bis zum Ende des Jahres», erklärte Putin. Nur wer eine Fan-ID hatte, erhielt während der WM Zutritt zu den Stadien. Dafür ersetzte diese ID das sonst für die Einreise benötigte Visum.
- Nicht ganz volle Stadien
Mit dem Endspiel hat die WM in Russland noch die Marke von drei Millionen Zuschauern in den äusserst schmucken Stadien geknackt. Insgesamt wurden bei den 64 Spielen 3'031'768 Besucher gezählt, ein Schnitt von 47'371 pro Partie. Weniger Zuschauer kamen zuletzt 2002 in Japan und Südkorea. Die Auslastung beim Turnier in Russland betrug 98 Prozent. Während aus Latein- und Südamerika zahlreiche Zuschauer die Spiele vor Ort verfolgten, blieb der Ansturm aus Europa aus. So wurden nur 29'000 Fan-IDs an Besucher aus Deutschland verteilt, was Platz 8 des Länder-Rankings ergibt.
- Kritik von Menschenrechtlern
Das Fazit von Menschenrechtlern fällt wenig euphorisch aus. So durfte beispielsweise Tschetscheniens autoritärer Republikchef Ramsan Kadyrow den ägyptischen Superstar Mohamed Salah vereinnahmen. «Die WM war sicherlich die beste WM für Ramsan Kadyrow und Wladimir Putin», sagt Direktorin Minky Worden von der Organisation Human Rights Watch . «Aber sicher nicht für die Menschenrechte.» Dieses Thema bleibt dem Fussball auch durch den kommenden WM-Gastgeber Katar dauerhaft erhalten.
Sendebezug: Laufende WM-Berichterstattung SRF zwei