Die «Equipe Tricolore» hat sich vor allem dank starken Defensiv-Leistungen in den WM-Final gespielt. Die Abwehr um Raphaël Varane und Samuel Umtiti ist das neue Prunkstück der Franzosen. Dabei hatte gerade dieser Mannschaftsteil im Vorfeld des Turniers Zweifel erweckt.
Die Antithese zu Kollege Ramos
Hat Varane das Zeug zum Patron?, lautete die grosse Frage. Nach der verletzungsbedingten Absage von Routinier Laurent Koscielny war diese durchaus berechtigt. Denn Varane ist kein lautstarker Leader. Er ist eher die Antithese zu einem Sergio Ramos, seinem Kompagnon bei Real Madrid.
Zudem konnte Varane die hohen Erwartungen im Nationalteam bisher noch nicht erfüllen. Die Last des verlorenen Kopfball-Duells gegen Mats Hummels im WM-Viertelfinal 2014 hätte er vielleicht an der Heim-EM 2016 abschütteln können. Doch diese verpasste der 25-Jährige wegen einer Blessur.
Rund um die WM in Russland nun hat sich die öffentliche Meinung in Frankreich geändert. Varane erzielte im Achtelfinal gegen Uruguay ein herrliches Kopfball-Tor. Und seine Leistung gegen Belgien sorgte unisono für Lobeshymnen.
Der überaus faire «Meister Propper»
Sämtliche 6 Partien hat Varane bisher bestritten. Seine Werte belegen, dass er der unumstrittene Abwehr-Chef im von Didier Deschamps gecoachten Ensemble ist. Nur Mittelfeldspieler Ngolo Kanté spielt mehr Pässe als der Vize-Captain der Franzosen. Gerade einmal 2 Fouls leistete sich «Meister Propper», wie er von seinen Mitspielern genannt wird.
Fast schon majestätisch elegant verrichtet Varane seine Pflichten. Dass der Verteidiger selten zu unfairen Mitteln greifen muss, ist seiner grössten Stärke geschuldet: der Schnelligkeit. Ein Ferrari sei er, schwärmt der ehemalige englische Star-Verteidiger Rio Ferdinand.
Varane ist schnell und intelligent.
Sein grosser Förderer Zinédine Zidane hatte bereits vor dem Turnier angekündigt, Varane werde in Russland alle überzeugen. Als Berater von Real Madrid hatte er sich 2011 dafür eingesetzt, dass die Spanier den damals 18-jährigen Varane für 10 Millionen Euro von Absteiger Lens verpflichteten. «Er erinnert mich an Laurent Blanc. Er ist schnell und intelligent», sagte Zidane damals.
Wie Blanc hat nun auch Varane ein Tor in einem WM-Achtelfinal geschossen. Folgt 20 Jahre nach dem Titel 1998 am Sonntag der zweite französische Triumph? Die zweitjüngste Truppe an dieser Endrunde (nach Nigeria) würde definitiv nicht mehr als zu grüne «Bleus» bezeichnet. Und die Frage nach dem Patron wäre ebenfalls geklärt.
Sendebezug: Laufende WM-Berichterstattung SRF zwei