Zweifel kennt Kurt Grünig keine: «In diesem Jahr sehe ich keinen Weg, wie St. Gallen geschlagen werden sollte. Der FCSG wird die Chance nutzen, davon bin ich fest überzeugt.» Der 78-Jährige weiss, wovon er spricht. 1969 war er ein integraler Bestandteil des Ostschweizer Cupsieger-Teams. Es ist bis heute der einzige Cuptitel der St. Galler.
Bewegtbilder zum Cupfinal vor 53 Jahren zu finden ist schwierig. In Grünigs Kopf hingegen existieren bis heute unauslöschbare Erinnerungen. Er weiss noch, wie damals alles etwas anders lief: «Im Final waren wir gegen Bellinzona Aussenseiter.»
Und trotz des Exploits blieb kaum Zeit zum Feiern: «Der Final war am Pfingstmontag, danach gab es noch 6 Ligaspiele, wir kämpften gegen den Abstieg», erzählt Grünig. «Wenn du den Final gewinnst, aber danach absteigst, ist der Titel nichts wert.» Doch 1969 reicht es am Ende zu Cupsieg und Ligaerhalt. Wirklich realisiert habe er den Erfolg erst 10 Jahre später.
Der gebürtige Thuner rekapituliert, wie er an diesem unvergesslichen Montag zweimal auflegt, wie Rudi Nafziger zweimal einnetzt. Und wie er nach dem Schlusspfiff den «Chübel» in die Höhe stemmt – was gar nicht so leicht ist: «Der Pokal war wahnsinnig schwer und voller Wein, man musste aufpassen, dass man ihn nicht ausleerte.»
Für Grünig ist es eine gute Übung. Denn schon im Jahr darauf stemmt er abermals die Trophäe in den Berner Himmel. Diesmal – und 1972 abermals – im Trikot des FC Zürich, während St. Gallen ein Jahr nach dem Cup-Triumph doch absteigen muss.
Doch zurück ins Jahr 1969: Dass Grünig überhaupt für die «Espen» aufläuft, ist durchaus verwunderlich. Zwei Jahre zuvor hat er die Young Boys nach 4 Saisons verlassen. Lugano und Servette wollten ihn, können aber die von YB geforderte Summe von 360'000 Franken nicht bezahlen.
So kommt es kurz vor Transferschluss einer Notlösung gleich zum Wechsel nach St. Gallen – und damit in die Nationalliga B. Doch Grünig führt die «Espen» erst zurück ins Oberhaus und dann als Captain zum Cuptitel.
«Ich war als einziger Nationalspieler das Tüpfelchen auf dem i», erzählt er. An ihm ist es auch, für sein Team eine Prämie im Falle des Finalsieges auszuhandeln. Letztlich gibt es ein Couvert mit 20'000 Franken, die er unter seinen Mitspielern verteilen darf. Und für den Captain selbst etwas ganz Besonderes: Er darf eine Woche mit einem Maserati durch die Ostschweiz düsen.
Nach seiner aktiven Karriere sind Cupfinals mit St. Galler Beteiligungen jeweils schwere Enttäuschungen für ihn. Etwa im Vorjahr, als er mit der gleichen Siegesgewissheit wie heute die Final-Niederlage gegen Luzern bezeugen muss.
Oder, noch gravierender: Als der legendäre Edi Vurens 1998 im Endspiel gegen Lausanne nach einem Doppelpack zum Penalty anläuft – dabei aber das 3:0 verpasst. Am Ende unterliegt St. Gallen den Romands noch im Penaltyschiessen.
Eine Szene, die Grünig bis heute verfolgt. Denn hätte Vurens getroffen, so ist sich der Berner sicher, hätte St. Gallen gewonnen. So bleibt Grünig bis heute einer der letzten St. Galler Cupsieger. Er hätte wenig dagegen, diesen Titel am 15. Mai loszuwerden. Und wie gesagt: Zweifel kennt Kurt Grünig keine.