Ottmar Hitzfeld überraschte im WM-Test gegen Jamaika mit einer Aufstellung, die in Brasilien kaum je so zu sehen sein wird. Auf 5 Positionen setzte der Nati-Trainer zu Beginn den etatmässigen Ersatzspieler ein. «Ich will keine Differenz zwischen einem eingespielten A-Team und einer B-Mannschaft ohne Spielpraxis schaffen», erklärte der Lörracher nach der Partie.
Hitzfelds Lehre aus Südafrika
Eine direkte Lehre aus der WM 2010 in Südafrika, als Hitzfeld am ersten Tag des Trainingscamps in Crans-Montana seine WM-Stammelf intern bekannt gab und in den Trainings und Testspielen ausschliesslich auf diese 11 Spieler setzte. Hitzfeld sprach in Luzern auch von möglichen Verletzungen, möglichen Erkältungen durch die Klimaanlagen in Brasilien und den Alternativen, die er dadurch brauche.
Welcher (Ersatz-)Spieler also hat sich aufgedrängt für Einsätze an der WM? Die nüchterne Antwort lautet: Keiner so richtig. Reto Ziegler bräuchte ein Wunder, um auf der linken Abwehrposition an Ricardo Rodriguez vorbeizukommen. Die Innenverteidigung um Philippe Senderos und Johan Djourou hatte das «Pech», dass sie sich gegen die bescheidenen jamaikanischen Stürmer kaum auszeichnen konnte.
Drmic Gewinner des Tests
Blerim Dzemaili fiel im direkten Vergleich mit Gökhan Inler im zentralen Mittelfeld ab, weil der Captain deutlich ballsicherer und zweikampfstärker wirkte. Und im Angriff hat sich die Hierarchie zementiert: Josip Drmic ist derzeit der beste Schweizer Stürmer und nicht nur wegen des Tores Haris Seferovic deutlich vorzuziehen.
Drmic erhielt von Hitzfeld denn auch ein Sonderlob nach dem Spiel: «Ein Trainer ist immer glücklich, wenn ein Stürmer trifft. Drmic hat sich aufgedrängt für weitere Aufgaben». Gegen Peru werde Drmic mit Sicherheit beginnen, so der Coach weiter. Und: «Das Tor hat ihm auch im Hinblick auf die WM sicherlich gut getan hat.»
Zeit, um Mängel zu beheben
Personell hat Hitzfeld also Schlüsse ziehen können aus diesem Test gegen Jamaika. Ob die Simulation von WM-Gegner Honduras ebenfalls ein Erfolg war, bleibt fraglich. Das kühle Luzern bot andere Voraussetzungen als das stickig-heisse Manaus, wo die Schweiz gegen die Mittelamerikaner spielen wird. Und derart körperlos wird die WM-Partie mit Sicherheit nicht sein.
Gerade weil der Jamaika-Test gewisse Mängel - wie etwa die wenig kreative erste Halbzeit in der Offensive - im Schweizer Spiel offenbarte, war das Spiel für die Schweiz wertvoll. Noch bleiben Hitzfeld und seinen Spielern 2 Wochen bis zum WM-Start gegen Ecuador. Am 15. Juni in Brasilia wird dann keine aus Ersatz- und Stammspielern zusammengewürfelte Mannschaft mehr auflaufen.