Auf die kürzeste folgte die längste Winterpause der Super-League-Geschichte: Nachdem Ende 2021 corona-bedingt die Verschnaufzeit zur Saisonhälfte ziemlich kurz gehalten werden musste, kamen die Spieler in diesem Winter in den Genuss von 10 spielfreien Wochen – zumindest, wenn sie nicht an die WM gefahren sind.
Die letzte Runde absolvierten die Teams am Wochenende vom 12. und 13. November 2022. Am Samstag geht es wieder weiter mit dem Spielbetrieb. Wir haben mit Oliver Riedwyl, Athletik- und Konditionstrainer der Schweizer Nati, über die spielfreie Zeit gesprochen.
Was hat die doch deutlich längere Winterpause als vor einem Jahr für einen Einfluss auf die Spieler?
Oliver Riedwyl: Die längere Pause ist sicher dankbarer für die Spieler. Sie konnten so richtig runterfahren und die Batterien auch mental wieder aufladen. Sie hatten Zeit für sich und konnten einen sauberen Aufbau machen. In der Regel war das in der Vergangenheit nicht der Fall.
Ab Woche 3 oder 4 einer Pause setzt der Muskelabbau ein. Wenn man aber ein gewisses Leistungsniveau inne hat, kann man dieses auch sehr schnell wieder erreichen.
Besteht auch die Gefahr, dass die Spieler an Kondition verlieren, wenn sie so lange Pause haben und keinen Ernstkampf mehr bestreiten?
Man kann es Gefahr nennen – aber auch Chance. Es hat sicher einen Leistungsverlust geben. Ab Woche 3 oder 4 einer Pause setzt der Muskelabbau ein. Wenn man aber ein gewisses Leistungsniveau inne hat, kann man dieses auch sehr schnell wieder erreichen. Wenn die Spieler vor Meisterschaftsstart 6 Wochen seriös arbeiten, haben sie genügend Zeit, auf das gleiche Niveau wie zuvor, wenn nicht sogar darüber hinaus, zu kommen.
Wie muss man sich dieses Training vorstellen? Die Spieler kommen zurück, ihr Bauchumfang wird gemessen, und dann müssen sie pro Zentimeter eine gewisse Anzahl Runden rennen?
Nicht direkt. (lacht) Bei den meisten Klubs mussten die Spieler bereits eine Woche vor Trainingsstart selber Laufeinheiten absolvieren, mit Überwachung der Herzfrequenz. Das Gewicht wird auch gemessen und der Fitnessstand über Leistungstests evaluiert. Daraus entstehen Leistungsgruppen, in denen dem Bedürfnis des Athleten individuell Leistung getragen wird.
Wie schwierig und anspruchsvoll ist der Job des Konditionstrainers eines ganzen Teams?
Es ist die komplexeste Form des Trainings: Mit knapp 30 Spielern, alle sind verschieden und heterogen. Man muss ihre Defizite ausgleichen und auf das gleiche Niveau bringen. Das ist eine der schwierigsten Aufgaben.
Man muss dem Körper Luft zum Atmen gewähren, damit man die maximale mentale wie auch physische Leistungsbereitschaft beibehalten kann.
Sie haben den mentalen Vorteil bereits angesprochen. Kann man vereinfacht sagen: Wenn man länger weg vom Fussball ist und Ferien machen kann, ist das förderlich für den Körper?
Ich bin je länger je mehr der Überzeugung, dass man gewisse Freiheiten und einen gewissen «Mental Load» nicht unterschätzen darf. Man muss dem Körper Luft zum Atmen gewähren, damit man die maximale mentale wie auch physische Leistungsbereitschaft beibehalten kann. Dazu benötigt es eine aufgeladene Batterie. Das stellt sich so ab 6-8 Ferientagen ein.
Sie stehen aufgrund ihrer Tätigkeit für die Nati im Austausch mit den Klubs: Was haben Sie alles vernommen?
Die Super-League-Klubs haben es verschieden gehandhabt. Einige haben nach dem Meisterschaftsschluss noch 2-3 Wochen weitergearbeitet. Andere haben ihre Spieler direkt in die Ferien geschickt für 3-4 Wochen und dafür dann ab dem 12. Dezember ununterbrochen bis jetzt trainiert. Das ist auch eine Frage der Philosophie. Es führen verschiedene Wege nach Rom.
Das Interview führte Tobias Wüst.