Das Coronavirus schwebt trotz aller Sicherheits- und Hygienemassnahmen wie ein Damoklesschwert über der EM. Das komplett abgeschottete Leben in einer Blase ist dabei längst nicht die einzige neue Aufgabe für die Spieler, die Vorgaben im sogenannten «Return to Play Protocol» sind streng – bloss nicht infizieren lautet das Motto.
Und wenn es nun doch Fälle gibt? Der Schweizer Turnierdirektor Martin Kallen erklärt: «Der betroffene Spieler geht in Isolation, die anderen werden getestet und können bei einem negativen Ergebnis in ihrer Bubble weiterhin trainieren. Bei den Partien stehen sicher nur Leute auf dem Feld, die negativ sind.» Strenger sind die Regeln in Schottland. Schon bei einem einzigen Fall müsste wegen lokaler Bestimmungen die ganze Equipe in Quarantäne.
Eine Team-Quarantäne während des Turniers wäre ein Horrorszenario – dann droht gar eine Niederlage am grünen Tisch. Die Uefa-Regularien legen fest: Einer Mannschaft müssen zur Durchführung einer Partie mindestens 13 Spieler einschliesslich eines Torhüters zur Verfügung stehen. Ist dies aufgrund von Quarantänemassnahmen nicht der Fall, kann eine Begegnung um bis zu 48 Stunden nach hinten verschoben werden. Hat eine Nation auch dann keine spielfähige Mannschaft, verliert sie die Partie forfait 0:3.
Grössere Kader, spontane Rochaden
Um dem zuvorzukommen, hat die Uefa im Vorfeld einige Massnahmen getroffen:
- Die Kadergrösse wurde von 23 auf 26 Spieler erhöht.
- Ein Spieler, der vor der 1. Partie in Quarantäne muss oder verletzt ist, darf ersetzt werden.
- Für die Goalies gilt diese Regelung gar während des ganzen Turniers.
Strapaziös sind mitunter auch die Reisen. Die Schweiz beispielsweise könnte zum Reisemeister werden, bei Platz 2 in der Gruppenphase müsste die Nati bis zum Final satte 17'484 Kilometer zurücklegen. Ist eine EM in 11 Ländern zur gegenwärtigen Situation nicht völlig fehl am Platz?
Kallen: «11 Spielorte haben auch Vorteile»
Kallen verteidigt den Entscheid: «Es hat auch Vorteile mit 11 Spielorten in 11 Ländern. Mehr Fans können ihr Team spielen sehen, ohne ins Ausland reisen zu müssen. Und wenn wir in 1-2 Ländern plötzlich doch Probleme bekommen, haben wir viele Ausweichmöglichkeiten.»
Ob alle Reisen reibungslos durchgeführt werden können, steht in den Sternen. Vor allem die indische Corona-Mutante in Grossbritannien bereitet Sorgen. In Deutschland gelten etwa strikte Quarantäneregelungen für Einreisende von der Insel. Es sind all dies Fragezeichen, die die Vorfreude auf die EURO dämpfen. Ob die paneuropäische Veranstaltung zu einem sportlich fairen Wettkampf mit verdientem Sieger wird? Man wird diese Frage wohl erst am 12. Juli beantworten können.