Seit Montag befindet sich die SFV-Auswahl am Kaspischen Meer. Die Zwei-Millionen-Stadt Baku, am Samstag Schauplatz der EM-Partie gegen Wales, weckt bei den Schweizer Fussball-Fans unweigerlich Erinnerungen an 1996.
Rolf Fringer lag am Abend vor dem Spiel noch am Pool.
Spieler wählten den Hinterausgang
1996 stand der Start in die WM-Qualifikation für die Endrunde in Frankreich auf dem Programm, es war das Debüt von Rolf Fringer als Nationalcoach – und die Schweiz verlor gegen den krassen Aussenseiter Aserbaidschan blamabel 0:1. Die Schmach ging später als «Debaku» in die Geschichte ein.
Natürlich war die Niederlage ein kleiner Schock, denn damit hatte niemand gerechnet.
Fringer, der den glücklosen Artur Jorge beerbt hatte, blickt zurück: «Ich stiess damals vom VfB Stuttgart zur Nati und absolvierte nur ein paar Trainings mit der Mannschaft. Ich kannte die Spieler noch gar nicht.»
Mannschaft nicht «ein Herz und eine Seele»
Die Niederlage sei logisch gewesen, denn während der Partie habe man bemerkt, dass die Mannschaft «nicht ein Herz und eine Seele» gewesen sei, so Fringer. Auch dass Murat Yakin einen Penalty verschoss, habe ins Bild gepasst. «Natürlich war die Niederlage ein kleiner Schock, denn damit hatte niemand gerechnet», sagt Fringer. Und zu seinem Vorgänger Jorge meint er: «Er hat sicher nicht alles falsch gemacht, denn er hat gespürt, dass viele Dinge nicht stimmten.»
Noch heute erinnern sich die mitgereisten Journalisten bestens an die Tage in Baku. SRF-Radioreporter Peter Schnyder: «Rolf Fringer sagte mir schon beim ersten Training, in dieser Mannschaft stimme etwas nicht.»
Alleine die Reise war ein Happening
In Erinnerung blieb aber nicht nur das Resultat des Spiels, sondern die ganze Reise. «Es war der teuerste Nati-Trip, welchen ich in all den Jahren machen durfte», erklärt Schnyder.
So flog die gesamte Schweizer Reisegruppe mit einer geleasten Chartermaschine (Fringer: «ein richtig luxuriöses Flugzeug») nach Baku und logierte gemeinsam im einzigen Hotel der Stadt, das derart viele Gäste aufnehmen konnte. Schnyder: «Rolf Fringer lag am Abend vor dem Spiel noch am Pool.» Dies sei dem Trainer später angelastet worden, doch er habe nach getaner Arbeit einfach ausgespannt, so Schnyder.
Snacks für die Medien – Pein für die Spieler
Für die Schweizer Auswahl sollte es am Tag nach der Blamage neben der Häme in den Medien bei der Rückreise noch eine weitere, ungewöhnliche Strafe absetzen. Statt den Spielern wurden die Journalisten im Mannschaftsbus an den Flughafen und direkt auf das Rollfeld gefahren.
Die Spieler hingegen mussten eine langwierige Gepäckaufgabe, akribische Zollformalitäten und das Check-In über sich ergehen lassen. Die Journalisten dagegen wurden im Flugzeug bereits mit Getränken und Snacks bedient und genossen den unfreiwilligen Rollentausch in vollen Zügen.
Die Spieler staunten beim Betreten des Flugzeuges ungläubig. Nicht verwunderlich war, dass sie nach diesem bitteren Moment weiterhin nicht bereit waren, mit den Journalisten über die Niederlage zu reden.