Welchen gemeinsamen Nenner haben Pep Guardiola (Manchester City), Jürgen Klopp (Liverpool) oder – um ein aktuelles Beispiel zu nennen – Xabi Alonso (Leverkusen) neben dem Erfolg? Alle drei haben ihren jeweiligen Teams eine bestimmte Spiel-Philosophie eingetrichtert. Das braucht Zeit. Und davon hat ein Klub-Trainer bedeutend mehr zur Verfügung als der Coach eines Nationalteams. Am Ursprung der Unterschiede zwischen den beiden Jobprofilen ist immer der Faktor Zeit.
Kaum Möglichkeiten für Korrekturen
Rolf Fringer kennt beide Seiten. Er amtete sowohl im In- als auch Ausland als Klubtrainer und dirigierte zwischen August 1996 und Oktober 1997 für 11 Spiele auch die Schweizer Nationalmannschaft. Der 66-Jährige ortet die Unterschiede vor allem auch abseits des Platzes: «Als Nationaltrainer hat man viel mehr Öffentlichkeitsarbeit, man muss im ganzen Land auftreten.»
Das könne sehr schnell unangenehm werden, so Fringer weiter und nennt das Beispiel Julian Nagelsmann in Deutschland: «Er hat die letzten beiden Spiele als noch frischer DFB-Trainer verloren, im ganzen Land ist Katzenjammer und nun hat er 4 Monate gar keine Möglichkeit, um irgendetwas zu verbessern», meint der heutige TV-Experte.
Spieler-Entwicklung «nur» zweitrangig
Auf den nächsten Nationalmannschafts-Zusammenzug zu warten und währenddessen die Spieler bei ihren Klubs zu beobachten, ohne aktiv eingreifen zu können, dürfte nicht jedermanns Sache sein. Für Mark Wolf, Leiter Trainerbildung beim Bundesamt für Sport (Baspo), liegt der grösste Unterschied zwischen dem Job als Nati-Trainer und jenem als Klub-Trainer in der Herangehensweise.
«Als Nationaltrainer hat das Abrufen der Top-Leistung am Tag X ein wesentlich höheres Gewicht. Die langfristige Entwicklung des Athleten oder der Athletin steht weniger im Vordergrund», meint Wolf. Entsprechend könne man nicht davon ausgehen, dass ein guter Klub-Trainer, der Tag ein Tag aus mit seinen Spielern an einem Konzept tüfteln kann, per se auch ein guter Nati-Trainer wäre.
Im Fall von Nagelsmann wird sich spätestens an der EM im eigenen Land zeigen, ob er als Bundestrainer an seine Erfolge aus dem Klubfussball anknüpfen kann. Und wer weiss, vielleicht wagen sich in Zukunft auch Guardiola, Klopp oder Xabi Alonso auf die «andere Seite».