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Fabienne Schlumpf im Interview «Das Ziel in Berlin ist die Olympia-Limite»

Der legendäre Marathon in Berlin zieht die Fans am kommenden Sonntag einmal mehr in seinen Bann. Mit Fabienne Schlumpf und Tadesse Abraham sind die beiden Schweizer Rekordhalter mit von der Partie und streben dort eine Spitzenzeit an. Schlumpf geht mit einem klaren Ziel an den Start. Sie will die Limite für die Olympischen Spiele in Paris schaffen. Die 32-jährige Zürcherin erklärt im Interview mit SRF, wie sie dieses Unterfangen angeht.

SRF Sport: Fabienne Schlumpf, warum standen Sie eigentlich beim WM-Marathon Ende August nicht am Start?

Fabienne Schlumpf: Der Grund ist, dass ich mich auf den Berlin-Marathon vom nächsten Sonntag konzentriere. Mein Ziel ist es, dort die Olympia-Qualifikation zu schaffen. Berlin bietet diesbezüglich einfach viel bessere Bedingungen: eine schnellere Strecke, ein optimales Feld und besseres Wetter. Daher stand dieser Plan schon lange fest.

Fabienne Schlumpf überquert jubelnd die Ziellinie
Legende: Schweizer Meisterin über 5000 m Fabienne Schlumpf im Juli dieses Jahres. Keystone/Ti-Press/Davide Agosta

Wie gehen Sie mental mit dem Umstand um, dass Sie in Berlin bezüglich Olympia-Limite (2:26,50 Stunden) liefern müssen und sich nicht mehr allzu viele Möglichkeiten bieten?

Das bringt der Marathon mit sich. Man hat nicht oft die Chance, im Wettkampf zu zeigen, wofür man so viel trainiert. Man lernt, damit umzugehen. Natürlich wird Druck da sein am Sonntag. Einerseits von mir selber, weil ich die Limite unbedingt laufen will, aber auch von aussen. Aber ich bin gut vorbereitet und die Vorfreude ist gross.

Wenn man durch die lange und harte Vorbereitung durchkommt und dann fit am Start steht, hat man das Grösste eigentlich schon geschafft. Der Marathon selbst ist dann das Dessert.

Warum genau ist die Strecke in Berlin schneller?

Berlin ist sehr flach und verfügt über die schnellste Strecke überhaupt. Es gab dort schon viele Weltrekorde. Das Feld ist sehr dicht, man läuft also praktisch nie alleine. Das hilft sehr. Ende September sind die Bedingungen zudem perfekt, denn es windet nicht so stark.

Wie haben Sie sich in den letzten Wochen und Monaten vorbereitet?

Ich habe den Sommer grösstenteils in St. Moritz verbracht. Das ist quasi meine Sommerheimat. Seit einem Monat bin ich zuhause und habe mir hier den Feinschliff geholt. In dieser Woche steht die Erholung im Vordergrund. Wenn man durch die lange und harte Vorbereitung kommt und dann fit am Start steht, hat man das Grösste eigentlich schon geschafft. Der Marathon selbst ist dann das Dessert.

Sie kamen letztes Jahr von einer Verletzung zurück, sie hatten eine Herzmuskelentzündung. Wie geht es Ihnen heute?

Mir geht es gut, ich bin zu 100 Prozent gesund und schmerzfrei und das ist sehr wichtig. Die Herz-Geschichte ist abgeschlossen, auch im Kopf. Das ist schon länger kein Thema mehr.

Um das zu schaffen, brauche ich sicherlich gute Bedingungen und das perfekte Rennen.
Autor: Schlumpf über den Schweizer Rekord

Sie sind bekanntlich vor etwa drei Jahren umgestiegen. Macht die Seltenheit der Wettkämpfe und der damit verbundene Druck die Faszination des Marathons aus?

Das macht diese Disziplin sicherlich aus. Ich war über 10 Jahre lang auf der Bahn im Steeple aktiv. Irgendwann merkte ich einfach, dass ich etwas Neues brauche, eine neue Challenge. Im Wettkampf wie auch im Training. Da ich mich ohnehin auf den längeren Distanzen sah, war der Schritt zum Marathon schnell klar.

Sie haben einmal gesagt, Sie könnten schneller als beim Schweizer Rekord 2021 in Belp (2:26,14 Stunden) laufen. Wie stehen Sie heute zu dieser Aussage?

Davon bin ich nach wie vor überzeugt. Um das zu schaffen, brauche ich sicherlich gute Bedingungen und das perfekte Rennen. Ob ich das am Sonntag schaffe, weiss ich nicht. Ich werde sicherlich eine Taktik ohne zu viel unnötiges Risiko wählen, um die Limite zu schaffen.

Wie sieht diese Taktik aus und heisst das, Sie gehen davon aus, die Limite mit ebendieser zu knacken?

Ich gehe mit dem nötigen Selbstvertrauen an den Start. Ich werde einen persönlichen Pacemaker haben. Aber es wird sicherlich viele andere Läuferinnen geben, welche sich in meinem Bereich bewegen. Ich peile eine Zeit an, mit welcher ich nach der Halbmarathon-Distanz auf Limiten-Kurs bin und hinten heraus noch ein Polster habe.

Haben Sie sich bezüglich Planung 2024 schon etwas überlegt?

Es gibt eine grobe Planung. Ich habe vor, am 3. Dezember in Valencia noch einen Marathon zu bestreiten, vielleicht kurz danach noch einen zweiten, dafür im Frühling dann keinen. Danach richtet sich die Konzentration hoffentlich voll auf Paris im Sommer.

Ist es eine Option, an der EM im Sommer den Halbmarathon zu laufen, wo Sie sich Medaillenchancen ausrechnen können?

Auf jeden Fall. Das ist noch nicht im Detail geplant, aber etwas, das mich reizt.

Das Gespräch führte Tobias Wüst.

Radio SRF 1, 19.09.2023, 18:30 Uhr ; 

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