1999 in Sevilla benötigte Marcel Schelbert 48,13 Sekunden für den Lauf seines Lebens. Der damals 23-Jährige war im WM-Medaillenrennen über 400 m Hürden eingangs der Zielgeraden noch abgeschlagen. Dann zündete er den Turbo und flog geradezu über die letzten 100 Meter und 2 Hindernisse.
Dann denkt man plötzlich wieder: ‹Stimmt, der gehört ja noch immer mir.›
Nicht ganz so rasant wie die Entscheidung verlief hinterher das Prozedere bis zur Verifizierung. Schelbert spricht heute, 2 Jahrzehnte später, von 10 Minuten der Ungewissheit. Als vermeintlich Vierter über die Ziellinie gelaufen, katapultierte der Zielfilm den LCZ-Athleten schliesslich auf den Bronzerang.
Eine Schweizer WM-Medaille in der Leichtathletik hat Seltenheitswert. Bloss 7 davon gibt es in der Geschichte seit 1983.
Es ist langsam an der Zeit
Den «ausserordentlichen Moment» seiner Karriere kramt Schelbert mittlerweile nur noch selten hervor. Aber tut er es, wenn er etwa von SRF Sport anlässlich des «Jubiläums» darauf angesprochen wird (Video oben), so denkt er: «Das war noch ein Lauf. Das waren noch Zeiten!»
Dieser Ausspruch gilt ebenso für seinen aufgestellten Wert. Der um 39 Hundertstel pulverisierte eigene Schweizer Rekord ist nach wie vor das Mass aller Dinge. «Im Alltag ist mir dies nicht mehr präsent. Aber ist in den Medien davon die Rede, denkt man: ‹Stimmt, der gehört ja noch immer mir›», sagt Schelbert mit einem Schmunzeln. Am nächsten kam seiner Marke Kariem Hussein 2015 in 48,45 Sekunden.
«Es hat bei mir damals sehr viel zusammengepasst, jedes einzelne Mosaiksteinchen. Das müsste erneut der Fall ist, sollte dereinst meine Bestmarke geknackt werden», denkt Schelbert. Auf alle Fälle wäre es im Sinn der Sache. «Denn heute sind wir 20 Jahre weiter.»
1 bis 2 Finalplätze müssen das Ziel sein
Primär «in der Rolle des Statistikers» wird Schelbert die bevorstehende WM in Doha mitverfolgen und ausgewählte Wettkämpfe am TV konsumieren. Der Schweizer Delegation attestiert er das Potenzial für 4 bis 5 Finalplätze. «Können die Athleten effektiv 1 oder 2 Finalplätze umsetzen, darf man zufrieden sein», blickt der 43-Jährige voraus.
Sendebezug: SRF zwei, «sportpanorma», 23.09.2019 18:30 Uhr