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Nach Urteil von EGMR Netzle zur Causa Semenya: Ein Sieg, aber relativ spät

Sportjurist Stefan Netzle schätzt die Auswirkungen des TAS-Entscheids zu Caster Semenya ein.

Die Leichtathletik-Olympiasiegerin Caster Semenya bekommt vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) teilweise Recht – der wichtigste Aspekt ihrer Klage wird aber abgewiesen.

Die Beschwerde der 34-Jährigen gegen das Diskriminierungsverbot (Artikel 14) vor dem Hintergrund der Regeln der Sportgerichtsbarkeit in ihrem Kampf gegen die sogenannte Testosteronregel in der Leichtathletik wurde mit 13 zu vier Richterstimmen für unzulässig erklärt.

«Kein faires Verfahren» vom EGMR bestätigt

«Da hat der EGMR keine Zuständigkeit», erklärt Stefan Netzle, selbst 19 Jahre lang Mitglied des Internationalen Sportgerichtshofs TAS. «Semenya hätte sich das aber bestimmt gewünscht.»

«Einen Sieg eingefahren», wie es Netzle ausdrückt, hat die Südafrikanerin aber an anderer Stelle: Im Urteil der Grossen Kammer in Strassburg hiess es auch, sie habe in der Schweiz bei ihrem Gang durch die Instanzen kein faires Verfahren erhalten. Semenya wurde deshalb ein Schadensersatz in Höhe von 80'000 Euro zugesprochen.

Bundesgericht: Praxis überdenken

«Das Urteil hat Auswirkungen auf die Überprüfungen von Entscheidungen des TAS», so Netzle. «Das Bundesgericht muss sich in Zukunft auch mit Beschwerden auseinandersetzen, die Menschenrechtskonventionen betreffen.»

Man müsse beim Bundesgericht jetzt die Praxis überdenken. «Es wird aber keine fundamentalen Änderungen geben», ist sich der ehemalige Ruderer sicher.

Grundsätzlich komme der Entscheid aber relativ spät. «Die Testosteronregel gibt es zwar noch, sie läuft aber aus.» In Zukunft werde die Zuordnung alleine aufgrund des biologischen Geschlechts erfolgen. Netzle: «Man verlangt nicht mehr von einer Teilnehmerin, dass sie sich noch medikamentös behandeln lassen muss.»

SRF 4 News, 10.7.2025, 11 Uhr ; 

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