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Europäischer Gerichtshof Die Schweiz wird im Fall Caster Semenya verurteilt

  • Die Schweiz hat die Rechte der südafrikanischen Sportlerin Caster Semenya verletzt.
  • Das hat der Europäische Menschen­rechts­gerichtshof (EGMR) entschieden.
  • Das Gericht verurteilte die Schweiz zu einer Entschädigung in der Höhe von 80'000 Euro.

Semenya, die seit 2018 von Wettkämpfen ausgeschlossen ist, weil sie sich weigerte, ihren Testosteronspiegel zu senken, wurde ein faires Verfahren verweigert, wie der EGMR entschied. Semenya begrüsste das «positive Ergebnis» des Gerichtshofs. «Es ist eine Erinnerung an die Politiker, dass die Prioritäten beim Schutz der Athleten liegen sollten», betonte die zweifache Olympiasiegerin über 800 Meter.

Das Urteil richtete sich gegen die Schweiz, weil das Bundesgericht im Jahr 2020 als letzte nationale Instanz über den Fall entschieden hatte. Der Internationale Sportgerichtshof (CAS) hatte 2019 eine neue Testosteron-Obergrenze für Athletinnen festgelegt, die im Fall von Semenya eine Hormonbehandlung erfordert hätte, um bei bestimmten Rennen antreten zu können. Semenya hatte den Entscheid des CAS, der seinen Sitz ebenfalls in Lausanne hat, an das höchste Schweizer Gericht weitergezogen. Dieses lehnte die Beschwerde ab.

Teilerfolg für Semenya – weitere Beschwerden unzulässig

Die Richter in Strassburg verurteilten die Schweiz mit einer Mehrheit von 15 zu 2 Stimmen, das Recht der Athletin auf ein faires Verfahren sei von der Schweiz verletzt worden. Das Gericht erklärte jedoch die Beschwerden von Semenya für unzulässig, die Verstösse gegen ihr Recht auf Privatsphäre und auf einen wirksamen Rechtsbehelf angeprangert hat und sich als Opfer von Diskriminierung sieht.

Leichathletin beim Wettkampf
Legende: Die Leichtathletin Semenya weist einen natürlichen Überschuss an männlichen Sexualhormonen auf und führt deswegen seit Jahren einen Rechtsstreit. AP / Jeff Chiu

Vor zwei Jahren hatte die erste Instanz des EGMR die Beschwerde von Semenya in mehreren Punkten gutgeheissen. Insbesondere stellte sie fest, dass Semenyas Recht auf Achtung der Privatsphäre in Verbindung mit dem Diskriminierungsverbot durch die Richtlinien des internationalen Verbands World Athletics (WA) verletzt werde.

Reaktion des Bundesamtes für Justiz

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Das Bundesamt für Justiz (BJ) hält in seiner Reaktion fest, dass das Bundesgericht das Urteil des Internationalen Sportgerichtshofs detaillierter hätte prüfen müssen. Das BJ werde die Urteilsbegründung nun im Detail analysieren. Der Entscheid des EGMR sei definitiv und könne nicht weitergezogen werden.

Der Gerichtshof habe indes das Urteil der ersten Instanz aus dem Jahr 2023 nicht bestätigt. «Er hat heute festgehalten, dass die Beschwerde wegen Verletzung des Rechts auf Achtung des Privatlebens und wegen Diskriminierung nicht zulässig sei. Damit ist der Gerichtshof der Argumentation der Schweiz weitgehend gefolgt», so das BJ weiter.

Semenya, die als Person mit «Abweichungen in der sexuellen Entwicklung (DSD)» eingestuft wird, hatte 2012 und 2016 Olympia-Gold über 800 Meter gewonnen. Der Internationale Leichtathletik-Verband IAAF hatte im April 2018 ein Reglement erlassen, welches von den betroffenen Athletinnen verlangt, ihren Testosteronspiegel während sechs Monaten vor einem Wettkampf unter einen bestimmten Wert zu senken. Semenya durfte daraufhin nicht mehr bei internationalen Rennen über ihre Paradestrecke antreten.

SRF 4 News, 10.7.2025, 11 Uhr ; 

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