Die Meldung kam ziemlich überraschend: Nur eine Woche nach dem Gewinn von EM-Bronze und dem zuvor erfolgreichen Abschneiden an den Olympischen Spielen kündigte Beachvolleyballerin Esmée Böbner letzten Freitag an, ihre Karriere nach dieser Saison zu beenden .
«Es braucht das 100-prozentige Feuer», begründete Böbner ihren Abgang, «wenn das nicht da ist, wird es schwierig». Das Spielen mache ihr immer noch Freude, doch das Drumherum habe nicht nur schöne Seiten. «Viele Leute sehen nicht, was es alles für den Spitzensport braucht.» Man müsse sich jeden Tag zu Höchstleistungen pushen, sonst könne man mit den anderen nicht mithalten.
Der Rücktritt sei kein spontaner Entscheid gewesen, sondern ein längerer Prozess, erklärt Böbner, die mit Zoé Vergé-Dépré ein Duo bildet. Sie habe sich schon vor Paris Gedanken gemacht. «Da waren wir aber noch auf einer Mission. Wir wollten unser Ziel Olympia erreichen», so die 24-Jährige.
Tränen vor dem Eiffelturm
Ein Schlüsselmoment sei das letzte Spiel in Paris gewesen: «Wir gaben nach dem Spiel ein Interview auf dem Court. Plötzlich gingen die Lichter aus, weil der Eiffelturm zu blinken begann. Das Interview musste unterbrochen werden. Zoé und ich drehten uns zum Eiffelturm um, umarmten uns und verdrückten auch ein Tränchen. Da spürte ich, dass es Zeit ist für mich.»
Ihrer Beach-Partnerin Vergé-Dépré habe sie den endgültigen Entschluss im olympischen Dorf mitgeteilt. «Es war ein emotionales Gespräch», sagt Böbner, «wir haben 8 Jahre zusammengespielt, wir haben einen langen Weg hinter uns und durften tolle Highlights erleben. Wir haben zurückgeblickt und waren stolz auf das, was wir erreicht haben.»
Ganz aus dem Nichts sei ihre Ankündigung für Vergé-Dépré nicht gekommen, sagt Böbner. Schliesslich verbringe man als Beachduo sehr viel Zeit miteinander. «Sie kennt mich gut und wusste, dass einige Dinge für mich nicht gestimmt haben. Sie hatte sofort Verständnis.»
Verständnis habe es auch von den meisten Leuten gegeben, die auf ihren Rücktritt reagiert und sich bei ihr gemeldet haben, freut sich Böbner. «Das fand ich schön und hat mich sehr berührt, dass ich die Menschen bewegen konnte. Dass sie Spass hatten, uns zuzuschauen und ich etwas in ihnen auslösen konnte.»
Als letztes Turnier bestreiten Böbner/Vergé-Dépré die Schweizer Meisterschaften in Bern ab kommenden Mittwoch. Da will Böbner nichts von einem Ausklingen wissen, sondern nochmals «das Beste rausholen. Das kriegt man nicht aus einer Athletin raus».
Nach dem Studium ist vor dem Studium
Nach der Saison möchte sich Böbner vermehrt ihrem Fernstudium in Psychologie widmen und dieses abschliessen, ehe sie noch ein weiteres Studium im Gesundheitsbereich beginnen will. Ob sie dem Beachvolleyball in einer anderen Funktion erhalten bleibt, kann sie noch nicht sagen: «Ich nehme mir eine Zeit ohne Verpflichtungen, ich will auch neue Sachen ausprobieren oder mal gar nichts machen.»
Und wenn sie das Beachvolleyball-Fieber zu einem späteren Zeitpunkt doch wieder packen sollte, gibt es dann einen Rücktritt vom Rücktritt? Böbner will sich nicht festlegen: «Im Moment ist das kein Thema, aber man weiss nie, was die Zukunft bringt.»