Giulia Steingruber muss nicht lange nachdenken, was sie zuletzt am meisten vermisste: «Das Wettkampfgefühl natürlich.» Nach einer missglückten Landung beim Bodenturnen hatte sich die Ostschweizerin im Sommer 2018 einen Kreuzbandriss im linken Knie zugezogen.
«Ich habe 3 Grossanlässe verpasst, was ziemlich an mir genagt hat», erzählt Steingruber. Kein Wunder, ist das Kribbeln gross, wenn die St. Gallerin an den Schweizer Meisterschaften in Romont (7./8. September) wieder um Punkte turnen darf. Bereits heisst das Ziel wieder: «Ich will einen fehlerfreien Wettkampf zeigen.» Sie will sich am Sprung, Boden und an den Geräten probieren.
Dabei sollen die SM nur eine erste Etappe auf dem Weg zurück sein, quasi Standortbestimmung und WM-Vorbereitung in einem. Und auch die Olympischen Spiele in Tokio 2020 sind bereits präsent. Dies bestätigt auch Steingrubers Trainer Fabien Martin: «100-prozentig ist das schon im Kopf. Die WM ist ein Schritt zur Qualifikation.»
Den Zustand ihres Knies beschreibt Steingruber als «stabil». Nun gehe es primär darum, das totale Vertrauen zurückzugewinnen, «die Verbindung zwischen Kopf und Knie herzustellen», wie es die 25-Jährige benennt.
Sowieso spielte die mentale Ebene auf dem Weg zurück eine tragende Rolle. In einer ersten Phase nach der Verletzung arbeitete die Gewinnerin von Olympia-Bronze viel mit Visualisierung, ging die Abläufe ihrer Übungen minutiös im Kopf durch.
Hat der Rückschlag Steingruber verändert? «Ich denke, ich bin schon die alte Giulia – einfach mit neuen Zielen», antwortet sie. «Es ist nun erstmal ein Zurücktasten.» Unverändert geblieben ist ihr Erfolgshunger. Die Trainer mussten sie phasenweise bremsen, da ihre Ungeduld die notwendige Rücksicht auf den Körper zu überflügeln drohte.
Sendebezug: SRF zwei, sportaktuell, 3.9.2019, 22:20 Uhr