Regeln für ethisches Verhalten im Sport gibt es schon. Bislang waren es die Sportverbände selbst, die Fehlverhalten in ihren eigenen Reihen bewerten und gegebenenfalls sanktionieren konnten. Das soll sich nun ändern. Mit einer neu gegründeten Stiftung «Swiss Sport Integrity» will Swiss Olympic das Thema Ethik im Sport so konsequent und unabhängig angehen, wie die Doping-Bekämpfung.
Weil man in Sachen Anti-Doping bereits über funktionierende und anerkannte Strukturen verfügt, soll die Meldestelle bei Anti-Doping Schweiz angesiedelt werden. Daraus soll neu «Swiss Sport Integrity» entstehen, sozusagen eine Stelle, die sich um die Glaubwürdigkeit des Sports kümmert.
Anonyme Meldungen an eine nationale Instanz
Verschiedenste Akteure wie SportlerInnen, TrainerInnen, ZuschauerInnen oder Eltern können anonym eine Meldung über Verstösse (Ethikverstoss, Missstand/Missbrauch, Dopingverstoss) machen. Die Meldestelle untersucht den Fall und entscheidet, ob dieser behandelt wird oder gar allenfalls an die Polizei weitergeleitet wird. Fälle für die Meldestelle werden unabhängig untersucht und in einem Bericht abgehandelt.
Der Bericht der Meldestelle wird neu wie bei Dopingfällen an eine Disziplinarkammer weitergegeben. Unabhängig von den einzelnen Verbänden beschliesst die Kammer Sanktionen, die umgesetzt werden müssen. Diese Sanktionen können beim internationalen Sportgerichtshof angefochten werden.
Es war klar, dass etwas passieren muss.
Die neu geschaffene Meldeinstanz überzeugt vor allem in Sachen Unabhängigkeit. Roger Schnegg, Direktor Swiss Olympic, meint: «Wir sind froh, haben wir einen Weg gefunden. Alle Akteure ziehen am selben Strick.» Insbesondere nach den Magglingen-Protokollen wurde eine nationale Meldestelle gefordert. «Wir hatten enormen Rückenwind für diese Idee. Es war klar, dass etwas passieren muss», so der 52-Jährige.
Mit Finnland, Australien und Kanada bestehen erst in drei anderen Ländern ähnliche Modelle zur Meldung von Verstössen. Nun versucht sich auch die Schweiz mit einem solchen Projekt, welches unter anderem in Holland, Österreich und den weiteren skandinavischen Ländern mit grossem Interesse verfolgt wird.
Neues Ethikreglement in Vernehmlassung
Als Grundlage für die neue Meldestelle braucht es ein gemeinsames Ethikreglement. Alle sind gefordert, denn die Schweiz ist auch hier weltweit führend und kann nicht einfach Beispiele von anderen Nationen übernehmen. Anfang Mai wird das Reglement allen Verbänden präsentiert und in die Vernehmlassung geschickt. Verabschiedet das Sportparlament den Verhaltenskodex, kann «Swiss Sport Integrity» ab 2022 aktiv sein. Der «Code of Conduct» ist ein Reglement, der quasi einem Gesetz entspricht, anhand welchem Sanktionen erstellen werden können.
Erfahrungen sollen gesammelt werden
In einem nächsten Schritt könnte man weitere Themen bei Swiss Sport Integrity aufnehmen. Matchfixing, also die abgesprochene Spielmanipulation, zum Beispiel, dass auch international ein grosses und wichtiges Thema ist. Vorerst aber will man Erfahrungen sammeln, ob und wie sich diese neue Stelle bewährt.
Die Beteiligten sind sich einig: Das neue Modell ist ein Schritt in die richtige Richtung. Aber Schnegg betont: «Mit der Meldestelle allein ist noch nicht alles erreicht. Es braucht auch weiterhin Anstrengungen, insbesondere in der Prävention.»