Mein Navigationssystem meint, ich solle jetzt die Autobahn verlassen. Noch 30 Kilometer bis Pyeongchang, der «Host City» der nächsten Olympischen Winterspiele. Die Fahrt führt mich auf einer Überlandstrasse durchs Hinterland. 60 km/h sind hier erlaubt. Ob sich die Südkoreaner daran halten, kann ich nicht beurteilen. Weit und breit ist kein anderes Auto unterwegs.
Eine unscheinbare Kleinstadt
«Ein Kilometer – dann haben Sie ihr Ziel erreicht», meldet meine elektronische Assistentin. Es fällt mir schwer, ihr zu glauben. Denn vor mir taucht keine pulsierende Metropole auf, sondern eine unscheinbare Kleinstadt.
Keine Hinweise darauf, dass in 11 Monaten hier Olympische Winterspiele ausgetragen werden. Keine Schilder, keine Banner; vor allem auch keine Sportstätten – abgesehen vom Fussballplatz vor dem Schulhaus.
«Yes, Town Pyeongchang!» Der Verkäufer in der Bäckerei versichert mir, dass ich schon da bin, wo ich hin wollte. Er drückt mir den bestellten Kaffee in die Hand. Weitere Auskünfte kann er nicht geben – die Sprachbarriere verunmöglicht ein Gespräch.
Olympischer Geist? Fehlanzeige
Das ist Pyeongchang, aber die Olympische Winterspiele 2018 finden hier definitiv (noch) nicht statt. Ich schaue mich noch ein bisschen um, fahre aber bald weiter. Pyeongchang wird mir in Erinnerung bleiben – nicht weil ich hier den olympischen Geist spürte, sondern wegen des wohl kreativsten Kaffeebecher, den ich je in der Hand hielt.
Warum aber sprechen alle von «Pyeongchang 2018» – wenn da doch gar nichts los ist? Die Lösung ist in der Unterteilung Südkoreas zu finden: Das Land ist in verschiedene Provinzen (-do) unterteilt. Eine davon ist Gangwon-do. Innerhalb dieser Provinz gibt es verschiedene Landkreise (-gun) – einer davon ist Pyeongchang-gun. Die Olympischen Spiele finden in diesem Landkreis statt. Verteilt auf verschiedene Kleinstädte (-eup). Nur in Pyeongchang-eup – da ist Olympia ganz weit weg.
Sendebezug: SRF zwei, sportlive, 5.3.2017, 02:55 Uhr