Den meisten Hobby-«Gümmelern» dürfte es bekannt vorkommen: Ein paar Kilometer sind bereits auf dem Tacho, die Kurbel dreht sich nicht mehr ganz so rund wie beim Losfahren. Wenn sich dann die nächste Steigung ankündigt, können sich die Beine schon einmal wie Blei anfühlen.
Radprofis geht es oft so. Ob während einer dreiwöchigen Grand Tour oder an einem Eintagesrennen, das oft über 250 Kilometer lang ist. Radsport heisst Leiden. Und ebendiese Leidensfähigkeit entscheidet am Ende oftmals über Sieg oder Niederlage.
«Du fährst in einer Zone, in der es für den Körper eigentlich nicht mehr angenehm ist. Deshalb versucht er dir immer wieder Stolpersteine in den Weg zu legen.» So beschreibt es Stefan Küng. Und damit meint der Ostschweizer, der bei der französischen Equipe Groupama-FDJ engagiert ist, nicht in erster Linie körperliche Stolpersteine, sondern vielmehr mentale.
Eigene Grenzen verschieben
Wissenschaftlich betrachtet, ist die Sache relativ simpel: Um so leistungsfähig wie möglich zu sein, sollte der Wert der maximalen Sauerstoffaufnahme, der sogenannte VO2max, möglichst hoch sein. Lunge, Herz, Blut und Muskeln spielen dann optimal zusammen. Das ist aber nur die eine Seite.
«Der Motor alleine ist nicht alles», ist für Küng klar. Im Radsport seien Schmerzen allgegenwärtig. Der Körper produziere Milchsäure, die eine Schmerzreaktion auslöse. Dies wiederum führe dazu, dass das Hirn eigentlich abblockt. «Und diesen körpereigenen Schutzmechanismus musst du mit deinem Kopf immer wieder ausser Kraft setzen», erklärt Küng.
Nicht wenige nehmen dafür mittlerweile die Hilfe eines Mentaltrainers in Anspruch. Auch in seinem Team gebe es davon einige. Trotzdem sei es eine Sache, über die wenig gesprochen wird. «Es gibt sicherlich nach wie vor eine gewisse Stigmatisierung, dass wenn man mental arbeitet, man automatisch eine mentale Schwäche hat. Darum geht es aber gar nicht», findet der 28-Jährige. Vielmehr geht es darum, in verschiedenen Bereichen gut zu sein, aber immer noch besser werden zu können.
Würde er sich nur an seinen Leistungswerten orientieren, könnte er keine Grenzen verschieben. Und darum geht es letztendlich, und dies bereits im Training. «Wenn du im Training leidensfähig bist, immer noch ein Stück mehr machen kannst als dein Konkurrent, dann wirkt sich das auch im Rennen aus.»
Es ist diese mentale Stärke, die Profis wie Küng vom Hobby-«Gümmeler» abhebt – fast mehr noch vielleicht als die pure körperliche Stärke.