Chris Froomes Weg nach Paris
«Dieser Sieg wird auch in 10 oder 20 Jahren in den Geschichtsbüchern stehen bleiben», sagte Chris Froome vor zwei Jahren in Paris, als er soeben die 100. Tour de France gewonnen hatte. Zwei Jahre später steht der schmächtige Brite auf den Champs Elysées wieder zuoberst auf dem Podest. Und die Geschichte hat bislang vor allem eines gezeigt: Geglaubt haben sein Bekenntnis zum Saubersein vor zwei Jahren lange nicht alle. Und viele glauben Froome auch in diesem Jahr wieder nicht.
Es fühlte sich an, als kämpften wir gegen die ganze Welt
Froome fuhr auch 2015 im langen Schatten von Armstrong, Pantani, Landis etc., stand unter Generalverdacht bei Experten und Teilen des Publikums. Dass sich unter den Sachverständigen auch der eine oder andere Ex-Fahrer mit «Vergangenheit» tummelt, macht die Sache nicht einfacher. Zumindest wissen sie, von was sie reden.
Keine ausserirdischen Werte
Froome und sein Sky-Team haben während der Tour auf die ständigen Anwürfe reagiert. Sie haben sich beklagt, sie haben sich verteidigt und sie versuchten auch Beweise zu liefern. «Es fühlte sich an, als kämpften wir gegen die ganze Welt», gab Froome am Ende zu Protokoll.
Die Zahlen, die am zweiten Ruhetag präsentiert wurden, zeigten alles andere als ausserirdische Leistungswerte. Auch nicht im Schlussaufstieg der ersten Pyrenäen-Etappe, als Froome die Tour entschied.
Wir wollten Fakten schaffen
Sobald Froome auf dem Rad sass, hatte er die Konkurrenz mehrheitlich im Griff. Mit seinem Sky-Team konterte er in den Bergen lange alle Angriffe. Nairo Quintana, der einzige ernsthafte Rivale um den Gesamtsieg, kam erst in den letzten beiden Alpen-Etappen weg und konnte Druck auf Froome ausüben. Alle anderen Mitanwärter (Nibali, Contador, Valverde) waren bereits am Ende des Aufstiegs nach La Pierre-Saint-Martin frühzeitig erledigt.
Eine starke erste Woche
Seine bemerkenswerteste Leistung zeigte Froome in der ersten Tour-Woche. Der 30-Jährige hatte die Lehren aus dem Desaster von 2014 (mehrere Stürze, Aufgabe in der 5. Etappe) offenbar gezogen und zeigte zwischen den Niederlanden und der Bretagne eine souveräne Darbietung. Froome, geführt und beschützt von seiner Helfergarde um Richie Porte und Geraint Thomas, war im Wind und auf den Pflastersteinen des Nordens so souverän, dass er das Maillot jaune bereits in der Startwoche überstreifen durfte (oder musste).
Ich habe die Tour in der ersten Woche verloren
Am Ende gewann Froome die Tour de France mit einem Vorsprung von 72 Sekunden auf Quintana. Die vielkritisierte Minute, die er in den Pyrenäen herausholte, wäre somit gar nicht nötig gewesen. Froome wirkte am Ende der Tour erschöpft und war weit von den Darbietungen in den Pyrenäen entfernt. Frisch wirkten dagegen Quintana und Valverde, die die Tour bereits in der ersten Woche verloren hatten. Eventuell werden auch ihnen eines Tages Fragen gestellt werden.
Sendebezug: SRF info, «sportlive», 26.07.2015, 17:30 Uhr