Béatrice Wertli tritt eine schwierige Aufgabe an. Die eben erst zur neuen Direktorin des Schweizerischen Turnverbandes gewählte Aargauerin wird nach dem Vorliegen des Untersuchungsberichts die Überarbeitung des Spitzensportkonzeptes der Rhythmischen Gymnastik in Angriff nehmen.
Wertli begrüsst die Empfehlungen des Berichts, der am Freitag vorgestellt wurde. «Es ist eine sehr gute Grundlage. Genau deshalb haben wir diese Untersuchung machen lassen, damit konkrete Empfehlungen da sind, die von der Infrastruktur über das Training bis hin zum Vorstand reichen», so die 44-Jährige.
Tiefere Zielsetzungen für Wertewandel nötig
Wertli zeigte sich betroffen von den Missständen in der Rhythmischen Gymnastik. Dass die Athletinnen leiden mussten, mache sie auch als Mutter zweier Mädchen sehr betroffen. «Umso wichtiger ist es, darüber zu reden und die Zukunft so zu gestalten, dass das nicht mehr passiert», so die STV-Direktorin.
Helfen sollen dabei auch redimensionierte Zielsetzungen. Sich für Olympia zu qualifizieren, sei unter den gegebenen Rahmenbedingungen und den aktuellen Infrastrukturen nicht realistisch, heisst es in diesem Zusammenhang im Untersuchungsbericht. «Man muss den Druck rausnehmen und die Ziele herunterschrauben», sagt auch Wertli.
Gemäss Thilo Pachmann, dessen Anwaltskanzlei mit der Untersuchung beauftragt worden war, habe man 48 Interviews durchgeführt. «Ein Drittel hatte Tränen in den Augen. Zurückzuführen ist das auf ein völlig dysfunktionales Sportkonzept», sagt Pachmann zu den zu hoch angesetzten Zielen in der Rhythmischen Gymnastik.
Untersuchung im Kunstturnen läuft
Nach Bekanntwerden der Missstände hatte der STV im November eine Ethikkommission gegründet. Diese beschäftigt sich aktuell mit der Untersuchung der Vorgänge im Kunstturnen, wo es ebenfalls schwere Verfehlungen gegeben haben soll.
Die Empfehlungen im am Freitag veröffentlichten Bericht seien «eine Art Hilfestellung», sagt Daniel Mägerle, Präsident der Ethikkommission. Man sei kurz davor, mit den Befragungen zu starten. Er rechnet damit, dass der Bericht im Frühjahr respektive Frühsommer vorliegt.
Swiss Olympic sichert Turnverband Unterstützung zu
Bei der Aufarbeitung und Neuorientierung soll der Turnverband nicht auf sich alleine gestellt sein. Swiss Olympic sicherte in der Person von Direktor Roger Schnegg seine Unterstützung zu.
Auch in den revidierten Zielsetzungen sieht Schnegg kein Problem. Die Olympischen Spiele seien zwar ein wichtiges, aber nicht das einzige Ziel, «sonst könnte in diversen Sportarten kein Leistungssport betrieben werden».