Swann Oberson war so etwas wie die Schweizer Pionierin im Open-Water-Schwimmen. Die mittlerweile zurückgetretene Genferin wurde 2011 Weltmeisterin über 5 km und vertrat die Schweiz als bisher einzige Schwimmerin im offenen Gewässer an den Olympischen Spielen in Peking und London.
Christian Schreiber schickt sich heuer an, in die Fussstapfen Obersons zu treten. An der WM in Doha greift er über 5 und 10 km ins Wettkampfgeschehen ein. Auf der längeren Distanz könnte er sich als erst zweiter Schweizer das begehrte Olympia-Ticket für Paris sichern. Ein 13. Platz würde ihm einen Quotenplatz sichern.
Monotonie im Training – Hektik im Wettkampf
Der 21-Jährige wechselte vor zwei Jahren relativ spontan ins offene Gewässer. Im Pool stets auf die längeren Distanzen spezialisiert, wurde er angefragt, ob er an der EM in Budapest im Open Water antreten möchte. Schreiber sagte zu und blieb dabei. «Im Open Water habe ich die Möglichkeit, an Grossanlässen teilzunehmen.»
Mit dem Wechsel auf die längeren Distanzen veränderte sich der Trainingsalltag des Ostschweizers. Durchhaltewille ist Trumpf: «Man muss sich damit abfinden, im Training langweilige Sachen zu machen. Sich auf einen 10-km-Wettkampf vorzubereiten ist nicht das Spannendste.» 60 bis 80 Kilometer kommen so in einer normalen Trainingswoche beisammen, in einem Trainingslager «können es auch über 100 sein».
Verpflegung als Highlight
Von der Monotonie in der Vorbereitung kann während eines Wettkampfs derweil nicht die Rede sein. Taktische Überlegungen können über den Rennausgang entscheiden. «Man muss darauf schauen, dass man in der Mitte des Feldes schwimmt und nicht hinten rausfällt.» Mitten im Pulk könne man vom Sog profitieren und Energie sparen. Positionskämpfe können diesen Vorteil aber wieder zunichtemachen. «Die Richter sehen unter Wasser nicht alles. Man muss mental bereit sein, auch einiges einzustecken.»
Ein Rennen ist von aussen betrachtetet vielleicht langweilig, aber im Wasser ist einiges los.
Zentral ist während des zweistündigen Wettkampfs die Verpflegung, die die Athleten über 10 km fünfmal in Anspruch nehmen können. Wie eine «Oase» sei der Moment, wenn man dem salzigen Mund eine Mischung aus süssem Sportgetränk mit Koffein und Gel zuführen kann.
Allerdings sorgen die «Feeding»-Stationen für zusätzliche Hektik im Rennen. Es könne drunter und drüber gehen, weil jeder nur auf seine eigene Flagge schaue. «Ein Rennen ist von aussen betrachtetet vielleicht langweilig, aber im Wasser ist einiges los.»
Für Schreiber gilt es am Sonntag ernst. «Die Olympia-Qualifikation wäre ein Riesen-Traum, aber schwierig.» Sollte es nicht klappen, wäre das für den HSG-Studenten lange kein Grund, die Flinte ins Korn zu werfen. «Die besten Athleten sind zwei bis sechs Jahre älter als sich.» Zeit genug also, um die Lücke nach ganz vorne zu schliessen.