«Dann hat es zweimal ‹geklöpft› und ich wusste, dass etwas nicht gut ist.» So beschreibt Joel Strebel die verhängnisvollen Sekunden im letzten Jahr auf dem Stoos, als er sich im 5. Gang gegen Werner Schlegel das Kreuzband riss.
Dabei wäre Strebel damals richtig gut in Form gewesen. Zuvor hatte er 3 Kranzfestsiege erringen können, befand sich auf einem Höhenflug. Auf einen Schlag sah die Welt ganz anders aus: monatelange Pause, langwierige Reha, an Spitzensport nicht mehr zu denken.
«Es war ein ganz schlimmer Moment für mich», blickt Strebel heute zurück. Am Nordwestschweizer kurze Zeit nach dem Unfall auf dem Stoos gewannen seine Kollegen 4 Kränze. «Am Abend fragten sie, ob ich mit ihnen essen gehe. Als ich sie dann mit ihren Kränzen gesehen habe, hätte ich am liebsten geweint, es hat mich so getroffen», so der Nordwestschweizer Eidgenosse.
Mentaltraining seit Unspunnen 2023
Auf seinem Weg zurück konnte er nicht nur auf die Unterstützung seiner Familie und seinem Umfeld zählen. Auch die Zusammenarbeit mit Mentaltrainer Heinz Müller trug ihren Teil dazu bei. Dabei nahm Strebel diese Unterstützung schon vor dem Kreuzbandriss in Anspruch.
Ich hatte keine Zweifel und kann es gut ausblenden, ich habe nicht daran herumstudiert im Sägemehl.
«Nachdem es am Unspunnenfest 23 nicht so gut gelaufen ist, hat meine Freundin einen Termin organisiert. Ich habe mich zuvor immer davor drücken wollen. Wir sind dann zu zweit dahin, seither läuft das so», erklärt Strebel.
Visualisierung als Erfolgsrezept
Ein wichtiger Teil im Mentaltraining war die Visualisierung. Es ging darum, sich vorzustellen, wie die «normalen» Bewegungsabläufe nach der Verletzung vonstattengehen würden. Wie wird es sein, wieder zu laufen? Krafttraining zu machen? Wieder zu schwingen?
«Neurowissenschaftliche Untersuchungen belegen, dass das Vorstellen im Kopf und die tatsächliche Durchführung in der Realität sehr nahe beieinander liegen, es sind die gleichen Hirnareale aktiv», erklärt Müller, der auch mit anderen Athleten zusammenarbeitet und mit dieser Therapie gute Erfahrungen gemacht habe.
Erfolgreiches Comeback
Am 22. Juni konnte Strebel nach langer Leidenszeit am Aargauer Kantonalen schliesslich sein Comeback geben. 3 Wochen später triumphierte er bereits wieder am Südwestschweizer Teilverbandsfest in Neuenburg. Und zuletzt glänzte er mit Platz 2 auf dem Brünig.
Noch wichtiger: Seine Verletzung beeinträchtigt ihn nicht im Geringsten. «Ich hatte keine Zweifel und kann es gut ausblenden, ich habe nicht daran herumstudiert im Sägemehl», sagt Strebel.
Ausgezeichnete Voraussetzungen also, zumal in diesem Jahr mit dem ESAF das Saisonhighlight noch bevorsteht. Zu weit vorausschauen will der 28-Jährige aber nicht. «Das geht noch ein paar Wochen», so Strebel, «ich schaue von Fest zu Fest.» Denn was vor dem Kreuzbandriss selbstverständlich war, soll nun ein Credo sein: «Freude haben, gesund bleiben, schwingen.»