Wenn TV-Zuschauerinnen und -zuschauer deutlich mehr sehen als die Unparteiischen, sorgen Fehlentscheide für umso mehr Polemik. Auch deshalb wurde im Fussball der Videobeweis eingeführt.
Künftig soll auch im Skispringen der Jury eine Videohilfe zur Verfügung stehen. «Die Richter sollen auf einem simplen Bildschirm die Landung schnell noch einmal ansehen können», sagt FIS-Renndirektor Sandro Pertile.
Zu weit weg vom Geschehen
Bislang vergaben die Sprungrichter die Haltungsnoten jeweils nur auf Basis des Livebildes vor Ort. «Wir können nur beurteilen, was wir sehen. Gerade bei Grossschanzen sind wir weit weg», gab der norwegische FIS-Sprungrichter Tom Normann im norwegischen Sender NRK zu.
Ex-Tourneesieger Anders Jacobsen moniert: «Es wird oft aufgrund der Entfernung falsch bewertet. Zudem ist der Blickwinkel schräg, manche Beinstellung ist da schwer erkennbar», so der Norweger. Teamchef Clas Brede Braathen fordert: «Da muss jetzt aufgeräumt werden.»
Fehlentscheidungen können sich gravierend auswirken. Die Haltungsnoten machen rund einen Drittel der Gesamtnote aus. Die jeweils beste und schlechteste der 5 Noten wird zwar gestrichen; wenn aber zwei Juroren irrtümlich eine 16,0 statt eine 17,5 geben, kann dies über Sieg oder Niederlage entscheiden.
Helfen die Punktrichter ihren Landsleuten?
Augenfällig wurden die unterschiedlichen Bewertungen beim 1. Sprung des Deutschen Markus Eisenbichler am Neujahrsspringen in Garmisch. Der deutsche Kampfrichter bewertete seine Landung mit einer 18,5, der Norweger gab eine 17,0. Immer wieder gibt es Vorwürfe, dass Punktrichter ihre Landsleute bewusst oder unbewusst bevorzugen.
Einen grossen Schritt Richtung Fairness hat das Skispringen schon 2009 mit den Plus- und Minuspunkten für Rücken- bzw. Aufwind gemacht. «Die Einführung der Windregel war deshalb damals essenziell, sie macht den Sport deutlich fairer, durch die eingeblendete grüne Linie transparenter», sagt etwa der ehemalige Schweizer Trainer Werner Schuster.
Zeitlupe ist kein «VAR»
Dafür blieben die Haltungsnoten ein Zankapfel. Nun soll die zuletzt beim Weltcup in Klingenthal getestete Videotechnik laut Renndirektor Pertile zeitnah bei «möglichst vielen» Springen zum Einsatz kommen. Der entscheidende Unterschied zum Fussball: Ein «Einspruch» von Trainern oder FIS-Offiziellen mit anschliessender Überprüfung ist nicht möglich.