Zum Inhalt springen

«Blick zurück»: 15. Mai 2005 Lüthis 1. GP-Sieg: Reifen-Poker und späte Freude

Der erste GP-Sieg des damals 18-jährigen Tom Lüthi war eine Überraschung – und doch nicht.

Seit Jacques Cornus letztem Triumph im Sommer 1989 war die Schweizer Nationalhymne bei einer Siegerehrung an einem Motorrad-GP nicht mehr zu hören gewesen. Fast 16 Jahre später, am 15. Mai 2005 in Le Mans, änderte sich dies dank Tom Lüthis überlegenem Sieg.

Der Sieg war deshalb eine Überraschung, weil der Emmentaler Teenager 2004 eine miserable Saison hingelegt hatte und sein Elit-Rennstall im Vergleich zur Konkurrenz ein Low-Budget-Team war.

Reifen-Poker zum Sieg

Ein Erfolg mit Ankündigung war es hingegen, weil Lüthi im 4. Saison-GP zum 4. Mal von der ersten Reihe startete – in Le Mans sogar erstmals von der Pole-Position. Auf dem Traditions-Circuit war gegen den Berner kein Kraut gewachsen, ab der zweiten von 24 Runden lag er immer an der Spitze.

Lüthi überquert die Ziellinie mit mehr als 3 Sekunden Vorsprung: Le Mans, 15. Mai 2005.
Legende: Lüthi überquert die Ziellinie mit mehr als 3 Sekunden Vorsprung Le Mans, 15. Mai 2005. Keystone

Lüthi erinnert sich noch erstaunlich detailliert an das Rennen: «Wir haben damals bei der Wahl des Hinterreifens gepokert und eine weichere Mischung als die anderen Fahrer gewählt.» Der Poker ging auf, weil auf abtrocknendem Asphalt der Reifenabrieb geringer ist.

Späte Freude

Bei der Siegerehrung hielt sich Lüthis Freude allerdings sichtlich in Grenzen. Der Youngster machte sogar eher einen etwas zerknirschten Eindruck. Dies, weil seine 125er-Honda auf der Ehrenrunde nach dem Rennen ohne Benzin stehen geblieben war.

Der Schweizer fürchtete deshalb um seinen Premieren-Sieg: «Im Reglement steht, dass das Motorrad zu einem bestimmten Zeitpunkt nach Ende des Rennens im sogenannten ‹Parc fermé› stehen muss. Auch muss noch eine Benzinprobe entnommen werden können. Ich hatte also Angst, dass mein Sieg nicht zählt.»

Champagner-Spritzen trotz Skepsis
Legende: Champagner-Spritzen trotz Skepsis Lüthi glaubte bei der Siegerehrung noch nicht ganz an seinen Sieg. Keystone

Kurz nach der Zeremonie kam dann aber die Bestätigung: Der Sieg zählte. Damit katapultierte sich Lüthi endgültig in den engeren Kreis der Anwärter auf den Titel.

«Ich fuhr damals ohne gross nachzudenken. Ich hatte ganz einfach Spass, auf dem Töff schnell zu fahren. Das hat irgendwie gut funktioniert», erinnert er sich. Knapp 6 Monate nach dem Sieg in Le Mans stand Lüthi als Weltmeister fest.

Meistgelesene Artikel