Noè Ponti fehlte im olympischen Final über 100 m Schmetterling zur Bronzemedaille nur eine Zehntelsekunde. Nun scheint, als hätte der Tessiner den Podestplatz möglicherweise auf noch ärgerlichere Weise verpasst. Der zweitplatzierte Kanadier Joshua Liendo schlug am Ende des Rennens offenbar nicht reglementskonform an (im Video oben ab 1:16 Minuten).
TV-Bilder scheinen zu belegen, dass Liendo im Final am Samstagabend die für die Zeitmessung am Beckenrand montierte Platte nicht ordnungsgemäss berührt hat. Gemäss den Aufzeichnungen hat Liendo die Einrichtung zuerst mit der linken und erst dann mit der rechten Hand touchiert.
Die Wettkampfordnung schreibt vor, dass die Platte sowohl bei den Wenden als auch am Ziel mit beiden Händen gleichzeitig berührt werden muss. Auf jeder Bahn ist auf jeder Seite ein Richter oder eine Richterin postiert. Die zuständige Person kontrolliert das Prozedere und überprüft, ob die Wende sowie der Anschlag bei Rennende korrekt erfolgt. Im Fall von Liendo hat der Schwimmrichter nicht interveniert und keinen Verstoss gemeldet.
Swiss Aquatics: «Dabei, die Fakten zu untersuchen»
Die Verantwortlichen von Swiss Aquatics veröffentlichten in der Nacht auf Mittwoch eine kurze Mitteilung, nachdem sie Kenntnis von den Bildern genommen hatten. Sie seien «in Absprache mit Swiss Olympic dabei, die Fakten zu untersuchen und die möglichen nächsten Schritte zu besprechen».
Die Chance auf eine nachträgliche Anpassung der Rangliste beziehungsweise eine Disqualifikation von Liendo ist allerdings sehr gering. Das Reglement von World Aquatics besagt, dass ein Protest innert 30 Minuten nach Wettkampf-Ende deponiert werden muss.
Mit Verzug nicht im Sinne des Sports
Auch SRF-Schwimmsport-Experte Tobias Gross sieht für Ponti nur geringe Chancen. Ein stattgegebener Protest könnte zum Präzedenzfall werden. Denn dann drohe die Gefahr, dass künftig Rennen noch tagelang im Video überprüft würden.
Resultate wären dann lange nicht offiziell, und Medaillen könnten in gewissen Fällen erst nach Wochen vergeben werden. Das könne keinesfalls im Sinne des Sports sein.