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Letzter Schwede auf WM-Podest Jens Byggmark: «Ich bin am Druck zerbrochen»

Jens Byggmark (33) ist der letzte männliche Athlet aus Schweden, der an einer Ski-WM Edelmetall gewinnen konnte: 2011 Slalom-Silber. Wir trafen ihn zum Gespräch in Are. Der aktuelle WM-Ort weckt bei ihm nicht nur gute Erinnerungen. Zudem äussert sich Byggmark über die mässige schwedische Begeisterung für die Titelkämpfe und eher düstere Aussichten.

SRF Sport: Sie bestritten 2007 hier in Are als 21-Jähriger Ihre erste WM. Welches war für Sie der prägendste Moment?

Jens Byggmark: Ganz eindeutig die Pressekonferenz im Vorfeld. Das war verrückt, was da abging. Dieses Ausmass, vollkommen ungewohnt! Ich sah nie zuvor so viele Journalisten auf einen Haufen: 150 an der Zahl. Es war eindrücklich, hat mich aber auch erschlagen und mir viel Energie geraubt.

Zur Person

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Jens Byggmark war zwischen 2005 und 2017 als Technik-Spezialist im Weltcup unterwegs. Der heute 33-Jährige stammt aus Tärnaby, wo auch Ingemar Stenmark herkommt. Byggmark wurde 2011 in Garmisch-Partenkirchen im Slalom hinter Jean-Baptiste Grange (Fr) Zweiter und gewann 2 Mal WM-Team-Silber.

Seit seinem Rücktritt im Frühling 2017 gönnte er sich eine Auszeit zu Gunsten seiner beiden Kinder (2- und 3-jährig). Nun ist er mit viel Elan zurück im Business. Er betreibt einen Youtube-Channel und baut zwei eigene Firmen auf. «Spruchreif ist dies aber noch nicht, wir wollen im Juni mit einem neuen Produkt auf den schwedischen Markt kommen.»

Entsprechend schnitten Sie ab, kamen bei allen 3 Rennen nicht ins Ziel.

Ja, in der Rückblende musste ich mir eingestehen: An der Heim-WM herrschte deutlich zu viel Druck für mich. Ich wurde als Favorit hochgejubelt und bin daran zerbrochen (Byggmark hatte kurz zuvor in Kitzbühel innert 2 Tagen beide Slaloms gewonnen – seine einzigen Weltcup-Siege, die Red.). Mit dieser Erfahrung bewundere ich Lindsey Vonn oder Aksel Svindal noch viel mehr. Es ist bemerkenswert, wie sie den ganzen Rummel bewältigen konnten.

Nun sind Sie zurück in Are: Wie erleben Sie die Stimmung – auch im Vergleich zu 2007?

Damals war die Atmosphäre gigantisch, auch weil Schweden grosse Figuren hatte und 7 Medaillen holte. Aktuell ist die Stimmung leider nicht immer mitreissend.

Bei den Männern klafft hinter Myhrer und Hargin ein gewaltiges Loch

Warum ist das Interesse des Schweden für den Skisport, für die WM im eigenen Land so bescheiden?

Ski alpin muss hintenanstehen, weit nach Fussball, Eishockey und Langlauf. Die defensive Begeisterung ist ein Abbild der aktuellen Leistungen. Unsere Frauen sind zwar noch einigermassen breit aufgestellt. Aber bei den Männern klafft hinter André Myhrer und Mattias Hargin ein gewaltiges Loch. Es rücken keine Talente nach. Euch Schweizern ging das vor nicht allzu langer Zeit ähnlich. Im Slalom sah es einst düster aus, nun seid ihr wieder voll kompetitiv.

Und die Schweiz warf im Viertelfinal des Teamevents Schweden aus dem Rennen ...

(lacht.) Ich kann damit leben, denn ich habe durchaus Sympathien für die Schweiz. Unsere ewige sportliche Rivalität ist bekannt. Darum gönne ich euch die Revanche. Dafür setzten wir uns im Fussball und Eishockey durch.

Ständig die unbequemen Skischuhe an- und wieder ausziehen. Das habe ich gesehen!

Spüren Sie 2 Jahre nach Ihrem Rücktritt noch immer ein Kribbeln?

Absolut. Mir fehlt der Moment, oben auf dem Berg zu stehen und auf die Startfreigabe zu warten. Das Rennfieber, das Streben nach dem perfekten Lauf. Aber ich vermisse auch einiges nicht.

Worauf können Sie denn verzichten?

Auf die ermüdenden Trainingseinheiten auf dem Gletscher bei Wind und Wetter. Ständig die unbequemen Skischuhe an- und wieder ausziehen sowie die Reiserei – das habe ich gesehen.

Nach langer Anlaufzeit konnten Sie sich doch noch mit der WM aussöhnen. Sie holten 2011 Slalom-Silber. Profitieren Sie noch davon?

Ja, ich bin nach wie vor gut vernetzt, kann die Kontakte für meine neue Geschäftsidee brauchen. Meine Popularität ist weiterhin gross. Nicht unbedingt in Stockholm, dort ist es eher Alltag, Prominente zu treffen. Aber überall sonst in Schweden werde ich erkannt und in Beschlag genommen.

«Myhrer hat durchaus eine Chance»

Seit Garmisch-Partenkirchen 2011 gab es im schwedischen Männerlager keine WM-Einzel-Medaille mehr zu bejubeln. Erfahren Sie im Video, ob Byggmark in Are einen Nachfolger aus den eigenen Reihen sieht und wer zu den Spielverderbern werden könnte.

Das Gespräch führte Deborah Bucher, Are.

Forfait fürs Legendenrennen

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Jens Byggmark verpasste seinen Auftritt am Legendenrennen, auf den er seit Monaten hingefiebert hat. «Ich hatte keine Chance, ich war krank und lag am Dienstag 24 Stunden lang flach im Bett.»

Sendebezug: SRF zwei, «are aktuell», 11.02.2019 18:20 Uhr

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