Im Sport gibt es selten eine zweite Chance. Wendy Holdener, die Frau für grosse Stunden, wäre auch nicht darauf angewiesen. Beim 3. Grossanlass in Folge räumte sie mit beeindruckender Lockerheit Gold (und einiges dazu) ab: den Kombi-WM-Titel 2017 sowie nun 2019 in Are plus dazwischen einen kompletten Medaillensatz inkl. Team-Gold bei den Winterspielen.
Zwei Anläufe braucht Holdener hingegen beim ersten Siegerinterview mit dem Radioreporter von SRF Sport. Nach dem dritten Wort verhaspelt sie sich: «Können wir bitte nochmals anfangen?» Es folgt schallendes Gelächter.
Es gibt Momente, da stellt man sich vor wie es ist, wieder Gold zu gewinnen. Solche Gedanken gehören am Start aber ausgeblendet.»
Ab sofort sprudelt es heraus aus der Schwyzerin. Sie rekapituliert: «Eigentlich lief alles nach Plan. Ich hatte diese innere Überzeugung.» Weil die Swiss-Ski-Athletin allerdings im ersten Wettkampfteil, der Abfahrt, nicht mehr so bestechend fuhr wie im Training, baute sie für das Finale mehr Spannung auf als ihr lieb war.
Knapp und laut: Parallelen zu St. Moritz
«Der Druck war vor der Entscheidung doch grösser», gibt sie zu und ergänzt, «aber für mich war es das Signal, Vollgas zu geben.» Es war eine Medaille mit Ansage, aber auch eine nach einer Gratwanderung. Denn die 25-Jährige sagt ebenso: «Es gibt Momente, da stellt man sich vor wie es ist, wieder Gold zu gewinnen. Solche Gedanken gehören am Start aber ausgeblendet.»
Aus 3 Zehnteln Vorsprung wurden es bis ins Ziel noch 3 Hundertstel auf Petra Vlhova (Slk). Damals vor 2 Jahren beim Heim-Triumph betrug die Reserve auf Teamkollegin Michelle Gisin ebenfalls die Winzigkeit von 0,05 Sekunden.
Die Schwyzerin bekam erst mit leichter Verzögerung mit, dass «alle wie wild am Toben» sind. Natürlich habe sie die Kulisse in St. Moritz «noch etwas mehr weggehauen.» Dennoch gab es nebst dem knappen Zeitabstand auch in dieser Hinsicht Parallelen: Denn im Zielraum sorgten in diesem Moment primär die mitgereisten Schweizer Fans für Stimmung.
Grosser Support vor Ort
Alleine aus Holdeners Heimat Unteriberg war ein 30-köpfiger Fanclub angereist. 5 Familienmitglieder fieberten vor Ort mit: die Eltern, Bruder Kevin, sowie Tante und Onkel.
Zwischen den Läufen gibts nie Kontakt – die Fahrerin wünscht absolute Ruhe. Und auch hinterher dauert es eine Weile, bis es im House of Switzerland zu einer Begegnung kommt. Für Tante Beata Holdener sind es der «unabdingbare Wille und die positive Ausstrahlung», was die Stärke ihrer Nichte ausmacht.
Cheftrainer Beat Tschuor adelt seinen Schützling mit den folgenden Worten: «Ich bin beeindruckt, aber nicht erstaunt. Sie hat das souverän verwaltet, ihre innere Uhr funktionierte mal wieder.»
WM-Service
Sendebezug: SRF zwei, sportlive, 08.02.2019 11:05 / 16:00 Uhr