FIS-Präsident Gian Franco Kasper (75) äussert sich nach seinem Rücktritt im SDA -Interview zur Erleichterung über den Entscheid, weshalb er sich als «Floh-Hüter» sieht und was er erreicht hat.
Gian Franco Kasper, spüren Sie Erleichterung, dass Sie den Rücktritt, der per Mai 2020 erfolgen wird, nun endlich öffentlich machen konnten?
Kasper: Schon, ja. Für mich war es zwar seit zwei Jahren klar. Ich sagte schon beim Kongress in Griechenland (2018), dass ich mir überlege, in der Mitte meiner letzten Amtszeit zurückzutreten. Daran habe ich mich nun gehalten.
Sie sind seit 1975 bei der FIS ...
45 Jahre sind eine lange Zeit – und auch genug lang. Mein Vorgänger (Marc Hodler, d. Red.) schaffte allerdings sogar 47 Jahre.
Doch auch Kollegen und gute Freunde haben mir schon gesagt: Du bist doch jetzt alt und könntest auch mal gehen.
Hat es Sie genervt, dass Sie in den letzten Monaten und Jahren oft zum Rücktritt gefragt oder gar gedrängt worden sind?
Das ist nach so langer Zeit etwas Normales. Es geschah eher selten direkt. Doch auch Kollegen und gute Freunden haben mir schon gesagt: Du bist doch jetzt alt und könntest auch mal gehen. Das empfand ich nicht als böse gemeint. Gleichzeitig merkte auch ich, da ich oftmals in Gesellschaft von Athleten bin, dass der Altersunterschied immer grösser wird. Auch wenn das jung halten soll, der Fakt bleibt.
Im Oktober 1998, rund ein halbes Jahr nach Ihrer Wahl zum Präsidenten, sprachen Sie davon, in der von aussen als lethargisch und schwerfällig wahrgenommenen FIS eine Aufbruchstimmung zu erzeugen. Ist Ihnen dies gelungen und was haben Sie in Ihrer Präsidentschaft erreicht?
Ich will nicht alles aufzählen. Eine gewisse Reform, obwohl von aussen vielleicht nicht ganz deutlich ersichtlich, ist erfolgt. Sagen wir, es war eine «Reform light». Es ging immer etwas. So kamen beispielsweise der Freestyle- und Snowboard-Bereich dazu, auch viele weitere Sachen und Disziplinen. Wir haben uns immer wieder der Zeit angeglichen. Eine Revolution wollte ich hingegen nie starten. Um es etwas übertrieben und pointiert zu sagen: Wir haben heute 133 Mitglied-Nationen. Das ist wie ein Sack voll Flöhe – und diesen Sack musste ich hüten. Als Floh-Hüter musste ich versuchen, die verschiedensten Interessen zu vereinigen und zu schauen, dass der Verband nicht auseinander fällt, sondern weiterexistieren kann.
Aber das Risiko ist natürlich vorhanden, dass es einmal keinen Schnee mehr gibt. Wenn dieser fehlt, dann ist auch unser Sport gestorben.
Apropos Existenz: Wird es die FIS und mit ihr den Wintersport in 50 Jahren noch geben?
Das ist zu hoffen. Wir führten gerade in den letzten Tagen auf der Insel Mainau ein Forum durch, wo angesehene Experten die Klimaentwicklung intensiv diskutierten. Aufgrund dieser Aussagen verändert sich das Klima etwas langsamer als viele Leute meinen. Aber das Risiko ist natürlich vorhanden, dass es einmal keinen Schnee mehr gibt. Wenn dieser fehlt, dann ist auch unser Sport gestorben. Nur in der Halle gibt es für mich keinen Skisport, sei es Langlauf oder Alpin.
Wie stark werden Sie sich in den kommenden Monaten bezüglich der Wahl Ihres Nachfolgers engagieren?
Gar nicht. Ausser, dass wir im letzten Frühling eine Arbeitsgruppe gebildet haben. Dieser Rat der Weisen, wie ich ihn nenne, soll sich um meinen Nachfolger kümmern. Gerade vor zwei Tagen hatten wir eine Sitzung. Aber bevor wir gross diskutieren, müssen wir die Namen der Kandidaten kennen.
Gibt es schon solche?
Namen hört man eine ganze Menge. Aber das ist alles noch inoffiziell und nur Geplänkel.
Sendebezug: Radio SRF 1, Abendbulletin, 23.11.19, 17:10 Uhr