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St. Moritz 2017 Das Rennen vor dem Rennen

Was passiert eigentlich auf einer Rennstrecke, bevor der Wettkampf gestartet wird? Erlebnisbericht einer Pistenbesichtigung.

Der Wecker klingelt um 05:30 Uhr. In 45 Minuten muss ich bereits auf der Signalbahn in St. Moritz sein. Für Touristen geht die erste Fahrt um 07:45 Uhr hoch. Ich bin anderthalb Stunden früher dran und dabei weder der Erste noch der Einzige, der hochfährt.

Auf meiner Gondel befindet sich auch Markus Waldner. Er ist FIS-Rennleiter der Männer. Er entscheidet, ob alles planmässig über die Bühne gehen kann. Für einmal könnte das Wetter wieder ein Thema werden. Wolken und leichter Schneefall sind angesagt. Bedeckt ist es bereits. Für mich ist die Wolkendecke ein Glücksfall. Denn für einmal ist es nicht ganz so kalt am Morgen.

Noch ist es ziemlich dunkel, als wir oben an der Signalbahn ankommen. Eine Stirnlampe, wie sie diverse Pistenarbeiter tragen, wäre sicher nicht verkehrt gewesen. Gut, ist der Weg zum Zielstadion nach Salastrains nur kurz und relativ flach.

Als nächstes nehme ich den Sessellift hoch zum Start. Auch hier bin ich nicht alleine. Diverse Voluntari vom Rutschkommando oder den Fangzäune-Aufstellern sind ebenfalls da. Manche schon seit Stunden.

Oben angekommen, warte ich einen kurzen Moment ab, um die Piste ungestört für mich zu haben. Welch majestätisches Gefühl. Plötzlich verliere ich auf der Strecke zum Starthaus des Riesenslaloms den Halt. Nach der Schrecksekunde realisiere ich: Ich habe soeben die Abfahrtspiste der Männer gekreuzt. Da helfen auch frisch geschliffene Kanten nichts mehr.

Beim Starthaus treffe ich erneut auf Waldner. Er wird gleich den Kurs mit seinen 5 Teamkollegen abfahren. Mit dabei hat er eine Torstangen-Bohrmaschine. Damit prüft er die Dicke der Piste und kann dann beurteilen, ob der Kurs der Belastung standhalten wird.

Nun befinden wir uns auf der Rennpiste. Nach einem gemächlichen Start wartet der Steilhang. Und wie so oft ist dieser wesentlich steiler, als es erst den Anschein gemacht hat. Ich gebe zu, mir rutscht kurz das Herz in die Hose. Denn wenn ich hier stürze, mache ich mich nicht nur zum Gespött, sondern wohl auch zum Patienten in der Klinik Gut.

Am Ende geht alles gut, auch Waldner ist zufrieden und gibt grünes Licht für die Besichtigung. Mittlerweile hat auch die Sonne eine Lücke zwischen den Berggipfeln und den Wolkenstreifen gefunden. Die Trainer funken eifrig ihre Fahrer an, die sofort zur Besichtigung antraben sollen.

Ich gönne mir noch eine zweite Abfahrt. Mittlerweile herrscht reger Betrieb auf der WM-Piste. Die Fahrer schauen sich die Passagen an und besprechen sich mit den Trainern. Dazu immer wieder Voluntari und OK-Mitglieder, welche die Strecke herrichten.

Die letzten Schwünge mache ich durch die Original-Tore, ehe sich das Zielstadion in Salastrains auftut. Schon bald werden hier wieder Tausende Schneesport-Begeisterte ihre Helden anfeuern. Dass für die Ski-Feste ein enorm grosser Aufwand betrieben wird und viele Helfer und Funktionäre schon seit den frühen Morgenstunden im Einsatz stehen, ist hinlänglich bekannt. Doch es mitzuerleben, ist ein eindrückliches Erlebnis.

Sendebezug: SRF zwei, sportlive, 17.02.2017, 09:15 Uhr.

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