Zum Inhalt springen

Die Karriere des Carlo Janka Grandios im «Riesen», viel Pech und wenig Worte

WM- und Olympia-Gold überstrahlen das Palmarès von Carlo Janka. Allerdings prägte auch eine lange Leidenszeit die Karriere des Charakterkopfs. Ein Rückblick.

Schweigen ist bekanntlich Gold – explizit für Carlo Janka. So entwickelte sich seine Alpin-Karriere nach dem Gewinn von Riesenslalom-Bronze an der Junioren-WM 2006 in Québec rasant. Der Bündner aus Obersaxen aber gab sich zu Beginn schon wortkarg und legte seine zurückhaltende Art bis heute nicht ab. Mitreissende Emotionen und überschäumende Freude waren nie sein Ding. Dabei hätte er allen Grund dafür gehabt.

Denn für Janka ist – beziehungsweise mittlerweile war – auch Skifahren Gold. Im Riesenslalom eroberte er 2009 in Val d’Isère den WM-Titel, golden war in der gleichen Disziplin ebenso seine Errungenschaft bei den Olympischen Spielen im Folgewinter in Vancouver. Diese Triumphe krönte der Allrounder mit dem Gewinn des Gesamtweltcups 2009/10 – erstmals wieder seit 1992 und Paul Accola sowie bis heute zum letzten Mal war die grosse Kristallkugel in der Schweiz.

Nichts ist gespielt: «Er ist tatsächlich der Iceman …»

Im Tages-Anzeiger wurde Janka vor inzwischen knapp 12 Jahren nach seinem Olympia-Sieg wie folgt beobachtet: «Es war vergleichbar mit dem Ausbruch eines Vulkans. Wenigstens im Massstab, den Carlo Janka setzt, wenn er nach einem Sieg im Ziel jubelt. Für einmal war es nicht nur eine Hand, die mit dem Zeigefinger zum Himmel reckte, es waren beide.»

Carlo Janka bejubelt im Zielraum von Whistler Olympia-Gold.
Legende: Für ihn eine fast schon übermässige Geste Carlo Janka bejubelt im Zielraum von Whistler Olympia-Gold. Keystone

Selbst beschrieb der Athlet seine Gefühlslage während der Zeremonie gewohnt nüchtern: «Es ist sicher ein ergreifender Moment, bei dem einem sehr viel durch den Kopf geht. Man denkt an all die Arbeit, die es gebraucht hat, um dort zu stehen.»

Er ist ein ruhiger Typ, der manchmal auch sehr viel Gas geben kann.
Autor: Sepp Brunner früherer Trainer

Der damalige Schweizer Gruppentrainer Sepp Brunner nahm seinen Schützling als authentischen Fahrer mit einem ausgeprägten Renninstinkt, aber auch mit überdurchschnittlichem technischem Können wahr. «Er ist ein ruhiger Typ, der manchmal auch sehr viel Gas geben kann», liess sich der Coach zitieren. «Er weiss ganz genau, was er tun muss, um erfolgreich zu sein. Dann ist er tatsächlich der ‹Iceman›. Er ist so, wie er sich gibt.»

Herzrasen und immer wieder Störfaktoren

Im Vergleich zum «zähen Chrampfer» Didier Cuche, der 2009 an der WM im Super-G der Schweiz das 2. Gold beschert hatte, war Janka der «coole Aufsteiger». Er wirkte als Antithese – so vertraten die beiden verschiedene Ski-Generationen und verfolgten unterschiedliche Trainingsphilosophien.  

Zahlen zu Jankas Karriere

Box aufklappen Box zuklappen

Vor seiner Abschiedsvorstellung in Wengen dieses Wochenende stand Carlo Janka im Weltcup 285 Mal am Start und 28 Mal auf dem Podest (davon 11 Siege). Seinen Einstand gab der 3-fache Olympia-Teilnehmer am 21. Dezember 2005 in Kranjska Gora, als er im 1. Lauf des Riesenslaloms ausschied. Im 3. Versuch, am 17. Dezember 2006, folgte im «Riesen» in Alta Badia mit Rang 20 sein erstes gültiges Ergebnis. Den 1. Weltcup-Podestplatz sicherte sich der Obersaxer überraschend am 29. November 2008 (2. in der Abfahrt von Lake Louise mit der Startnummer 65 und nur 0,08 Sekunden Rückstand), die Siegpremiere war kurz darauf am 13. Dezember 2008 beim Riesenslalom in Val d’Isère fällig. Letztmals stieg Janka am 7. März 2020 als Dritter der Abfahrt von Kvitfjell im Weltcup aufs Treppchen.

Brunner erlebte den damaligen Shootingstar als sehr fokussiert. Über Fehler habe er sich jeweils irrsinnig geärgert. «Doch dann wischte er das weg und konzentrierte sich auf die nächste Aufgabe.»

Nicht beiseiteschieben konnte Janka die vielschichtigen gesundheitlichen Probleme, die ihn früh mit voller Wucht und grosser Hartnäckigkeit trafen. Ein kurzer Auszug seines medizinischen Bulletins:

  • Ende 2010 wird publik, dass Janka unter Herzrhythmusstörungen litt, die von einer Viruserkrankung herrührten. Eine Operation schuf Abhilfe.
  • Später sind chronische Rückenbeschwerden sein grosses Handicap.
  • Im Oktober 2017, wenige Tage vor dem Saisonauftakt, reisst im Training auf der Diavolezza das Kreuzband im rechten Knie .

Die Unvollendete in der Abfahrt

Janka war Stehaufmännchen und Kämpfernatur in einem. In der Saison 1 nach den ersten heftigen gesundheitlichen Rückschlägen stand er im Weltcup noch 5 Mal auf dem Podest (Riesenslalom-Sieg im März 2011 in Kranjska Gora). Dann nahm die Negativspirale ihren Lauf mit vielen verkorksten Anläufen und seltenen Glanzmomenten.

2015 bei den Heimrennen in Wengen war endlich wieder eine markante Steigerung auszumachen. Janka gewann in Wengen die Kombination und bestätigte seine Leistung zwei Tage später mit dem verblüffenden 3. Rang in der legendären Lauberhorn-Abfahrt hinter Hannes Reichelt und Beat Feuz. 5 Jahre zuvor hatte er auf der gleichen Strecke seinen prestigeträchtigsten Speed-Sieg gefeiert.

Der Abfahrt gehörte Jankas heimliche Liebe. So nahm er sich nach seinem Doppel-Gold im «Riesen» einst vor, auch in anderen Sparten durchzustarten. «Für mich ist die Abfahrt die Königsdisziplin. Könnte ich auch dort Gold gewinnen, wäre das noch mehr wert», sagte er 2010.

Dieser Traum wird sich für den bald 2-fachen Familienvater nicht mehr erfüllen. Es bleibt für den 35-Jährigen bei WM-Bronze 2009 – als Initialzündung bei Grossanlässen für das doppelte Husarenstück im Riesenslalom.

srf.ch/sport, Web-only-Livestream, 13.01.2022, 15:30 Uhr ; 

Meistgelesene Artikel