Carlo Janka und die Raubvogelpiste in Beaver Creek: Da war doch was – und wie! 2009 hatte der Obersaxer alle Ablenkungsmanöver des stolzen Steinadlers und dessen Artgenossen elegant und kämpferisch zugleich pariert und einen dreifachen Sieg gelandet: Abfahrt, Super-Kombination und Riesenslalom hintereinander. Ein Coup, der in der langen Geschichte des Weltcups zu den eher seltenen Phänomenen gehört.
Technisches Rüstzeug ist da
Jetzt, sechs Jahre später, kommt es zum nächsten Rendezvous mit all den imposanten, mit beeindruckender Spannweite ausgestatteten Königen der Lüfte. Auch ziemlich mächtig ist die Spannweite der Prognosen für Freitagabend. Der Weltmeister, Olympiasieger und Gesamtweltcupsieger (ja, in jener Saison mit dem dreifachen Beaver-Creek-Triumph!) bringt – darüber gibt es nach wie vor keine Zweifel – das technische Rüstzeug mit, um auf einer der schönsten und anspruchsvollsten Pisten der Welt gut abzuschneiden.
Fragezeichen bei Formstand und Materialabstimmung
Genau so sicher ist es aber auch, dass ihm die ganz grosse Überzeugung punkto Formstand und Materialabstimmung (im «Rennfahrerslang» auch Setup genannt) fehlt. Lake Louise war mit dem 5. Rang über Erwarten gut. In Beaver Creek geht es aber ganz anders zur Sache, womit sein lädierter Rücken grössere Störmanöver auslösen könnte.
Damit wird es erheblich schwieriger, den Raubvögeln erneut zu trotzen und ihnen fast schon mühelos davonzufliegen wie damals 2009. Mit anderen Worten: Es ist trotz des Hoffnungsschimmers von Lake Louise fraglich, ob der zur Zeit schlagkräftigste Schweizer Abfahrtstrumpf mit der Champions League der Abfahrer, also Jansrud, Svindal, Fill, Reichelt oder Ganong einigermassen mithalten kann.
Steigerung im Vergleich zum Training nötig
Es braucht dafür eine deutliche Steigerung im Vergleich mit dem gestrigen Training. Oder anders gesagt: Janka müsste quasi über Nacht selbst zum Raubvogel werden, zum Steinadler, der über die Lufthoheit keine Fragen offen lässt. Das ist angesichts der Ausgangslage wohl zu viel verlangt. Auch wenn er uns schon mehr als einmal überrascht hat.
Sendebezug: SRF zwei, sportlive, 28.11.15, 19:20 Uhr