Die Verhältnisse am Saisonendturnier der besten 8 Spieler des Jahres waren zwischen 2003 und 2015 jeweils klar. In den 13 Austragungen konnten nur der Argentinier David Nalbandian (2005) und der Russe Nikolai Dawidenko die Dominanz von Rekordsieger Roger Federer (6) und Novak Djokovics (5) durchbrechen.
Spätestens vor 5 Jahren änderte sich das Muster jedoch stark: Mit Grigor Dimitrov (2017), Alexander Zverev (2018 und 2021), Stefanos Tsitsipas (2019) und Daniil Medwedew (2020) konnten Vertreter der nächsten Generation den Pokal in die Höhe stemmen.
Während an Grand-Slam-Turnieren weiterhin überwiegend die «Big Three» mit Djokovic, Federer und Rafael Nadal den Ton angaben, boten die ATP Finals eine Gelegenheit für die erweiterte Spitze, grosse Titel zu holen.
Ruud macht sich selber Mut
Geht es in dieser Logik weiter, müsste dieses Jahr eigentlich Casper Ruud triumphieren. An den French Open und den US Open war der Norweger in diesem Jahr schon nahe an einem Major-Titel, scheiterte aber jeweils im Final. Obwohl Ruud (ATP 4) besser klassiert ist als sein Gegner Djokovic (ATP 8), sieht er sich im letzten Spiel des Jahres in Turin aber in der Aussenseiterrolle.
Er ist auch nur ein Mensch und wird sicher ein bisschen Druck verspüren.
«Djokovic hat dieses Turnier fünf Mal gewonnen. Ich habe jeweils im TV verfolgt, wie gut er gespielt hat», sagte der 23-Jährige nach seinem deutlichen Halbfinalsieg gegen Andrej Rublew. Er wies indes auch darauf hin, dass der Serbe zuletzt den Final in Paris-Bercy gegen Holger Rune verloren habe. «Er ist auch nur ein Mensch und wird sicher ein bisschen Druck verspüren.»
Head-to-Head spricht klar für Djokovic
Ruud ist der erste Skandinavier seit Stefan Edberg 1990, der das Endspiel an den ATP Finals bestreitet. Sollte er das Kunststück schaffen und Djokovic zum ersten Mal in seiner Karriere bezwingen, würde er das Jahr hinter Carlos Alcaraz auf Rang 2 der Weltrangliste abschliessen.
Bislang hat er allerdings in drei Partien noch keinen Satz gegen den langjährigen Branchenprimus gewonnen. Weder vor einem Jahr in Turin, als die beiden in der Gruppenphase aufeinander trafen, noch in Rom, wo er Djokovic auf seiner Lieblingsunterlage Sand zweimal den Vortritt lassen musste.