Tages-Anzeiger: «Er revolutionierte die gesamte Sportart»
Mit Roger Federer verliert die Schweiz ihren besten Sportler der Vergangenheit – sogar das Attribut «aller Zeiten» wäre an dieser Stelle möglicherweise sogar für einmal gerechtfertigt. Aber eigentlich ist es falsch, von einem Verlust zu sprechen. Federers Karriereausbeute, Präsenz, Hingabe und Einfluss auf das Tennis und gar den Profisport als Ganzes waren um ein Vielfaches grösser, als je einer sich hätte vorstellen können. […]
Er befreite das Profitennis von schweren, gegeben scheinenden Lasten – wie dem Bedürfnis, möglichst wenig zurückzugeben, die Konkurrenten als Rivalen und die Medien als Ärgernis zu betrachten. Er sah die Gegner als Weggefährten und die Journalisten als Botschafter, die die Spannung, Schönheit und Vielfältigkeit des Tennis an die Öffentlichkeit tragen konnten. Damit hob er sich markant ab von der viel verbreiteten Einstellung «take the money and run», die viele seiner Berufskollegen an den Tag gelegt hatten und dies auch zu seiner Zeit noch immer taten.
Aargauer Zeitung: «Er schenkte uns die Illusion der Vollkommenheit»
Wir bewunderten die Leichtigkeit, mit der er wie ein Tänzer über den Platz zu schweben schien. Wir liessen uns verzaubern von seiner Eleganz, von seinem Spiel, das einer Ballade glich. Die Schläge berauschten, verführten und betörten uns. Zelebrierte er Tennis, lenkte uns das ab von eigenen Unzulänglichkeiten. Er schenkte uns die Illusion der Vollkommenheit.
Roger Federer, der Tänzer, der Künstler, der Rekordjäger: Ob in Melbourne, Paris, London, New York oder Lateinamerika – wo er auf den Platz ging, brach ein Orkan los. Nicht nur wegen des grossen Respekts, den Menschen zollen, wenn man sie begeistert. Es war mehr. Es war: durchdringende Liebe. Während 2 Jahrzehnten führte Federer eine Liebesaffäre mit der Öffentlichkeit. Der Schlüssel dazu ist nicht nur sein Spiel. Es ist Federer, der Mensch. Er weinte, wenn er siegte, und er weinte, wenn er verlor. Ihm versagte die Stimme, wenn er zum Dank ansetzte. Und wir? Wir litten mit ihm mit. Wirkte er auf dem Platz kühl, brachen die Emotionen daneben umso heftiger aus ihm heraus.
Er ist ein Botschafter, von dem jedes Land, jedes Unternehmen und jede Stiftung träumt. Und der heute ein steinreicher Millionär ist, der mit den Reichen und Schönen verkehrt.
Blick: «Roger Federers Weg vom Bubi zum Giganten»
Aus Klein Roger, der zur Strafe Steine sammeln und für sein rüpelhaftes Verhalten nicht selten vom Platz geschickt wurde, ist ein weltweites Vorbild geworden. Er geht als Legende in die Tennisgeschichte ein – nicht nur wegen der Erfolge, auch wegen seiner Fairness, Beliebtheit und seinem kreativen, künstlerischen Spiel. In etlichen Büchern würdigen Autoren das Schweizer Tennis-Phänomen, vom 2008 verstorbenen US-Schriftsteller David Foster Wallace wurde Roger gar als «religiöse Erfahrung» gehuldigt.
Als erste lebende Persönlichkeit widmet ihm die Schweizerische Post eine Sonderbriefmarke. Strassen im In- und Ausland werden nach Roger Federer benannt, vielleicht eines Tages auch Stadien. Und «by the way»: Roger zahlte bis zu seinem 30. Lebensjahr Wehrpflichtersatz, der Bund kassierte dabei jährlich 3 Prozent des steuerbaren Federer-Einkommens. Er ist ein Botschafter, von dem jedes Land, jedes Unternehmen und jede Stiftung träumt. Und der heute ein steinreicher Millionär ist, der mit den Reichen und Schönen verkehrt und Menschen wie Bill Gates zu den grossen Bewunderern zählt.
NZZ: «Und auf einmal wirkt alles stimmig»
Es ist keine Ankündigung aus dem Nichts, und doch eine mit Knalleffekt. Weil der Tag gekommen ist, den Millionen von Tennisfans lieber auf immer und ewig in ferner Zukunft gewähnt hätten. […] Je mehr Zeit verging ohne klare Signale, dass es nochmals klappen könnte mit Spitzentennis, je mehr Informationen über Rückschläge auf dem steinigen Weg zurück durchdrangen, desto mehr Menschen fühlten sich bemüssigt, über Federers Umgang mit dem Unvermeidlichen zu urteilen.
Der beschädigt doch sein eigenes Denkmal mit seiner Uneinsichtigkeit! Wer will schon den Mister Eleganz als Abklatsch seines besten Ichs gegen profane Tennisarbeiter wie Hubert Hurkacz verlieren sehen? Oder kurz und bündig: Warum nur tut er sich das an? […] Nun beendet Federer die Debatte mit einem klaren Entscheid, den ihm zu diesem Zeitpunkt viele nicht zugetraut haben – weil sie zu wissen glaubten, er würde ein zunehmend utopisch scheinendes Ziel mindestens noch bis ins nächste Jahr hinein weiterverfolgen.