Timea Bacsinszky, am Sonntag stehen die «Credit Suisse Sports Awards» an. Sie sind zusammen mit Martina Hingis als «Team des Jahres» nominiert. Haben Sie das passende Kleid gefunden?
Timea Bacsinszky: Ja, ich bin zum Glück fündig geworden. Es muss jetzt nur noch ein bisschen abgeändert werden.
Was bedeutet Ihnen die Nomination?
Es ist eine grosse Ehre, zu den besten drei Teams des Jahres zu gehören. Für Martina und mich wird es auch eine Gelegenheit sein, diesen Erfolg noch einmal zu feiern und darauf anzustossen. Dafür blieb nach Olympia wenig Zeit. Auch Viktorija (Golubic, Anm. d. Red.) wird dort sein, sie ist ja als Newcomerin nominiert. Ich hoffe natürlich, dass unsere Geschichte die Leute berührt hat. Es wäre schön, den Preis zu gewinnen. Es gibt nicht viele Romands, die in der Vergangenheit den Award gewinnen konnten.
Ich würde für eine solche Saison jederzeit unterschreiben.
Was geht in Ihnen vor, wenn Sie an Rio zurückdenken?
Es sind immer noch grosse Emotionen, es war wie ein Märchen. Dass Martina und ich zusammen spielen werden, kam ja erst kurzfristig zustande. Die Siegerehrung war extrem speziell, ich habe schon geweint, als ich aufs Podest stieg. Martina meinte dann zu mir: ‹Hey, hör auf zu weinen, sonst fange ich auch an. Das möchte ich nicht›. Am Ende haben wir beide geschluchzt und gelacht. Das wird uns für immer verbinden.
Die Silbermedaille an den Olympischen Spielen war eines der Highlights Ihres Tennisjahres. Welches Gefühl überwiegt, wenn Sie an letzte Saison zurückdenken?
Ganz klar Stolz. Die Verletzung, die ich Ende 2015 erlitten hatte, zog eine rund zweimonatige Verspätung mit sich, die ich erst aufholen musste. Danach habe ich sehr viel trainiert, um den Anschluss wieder zu finden. Das ist mir gelungen. Letztes Jahr war ich am Ende die Nummer 12, nun die 15. Und doch sind viele Leute der Meinung, dass ich keine gute Saison hatte ...
Werden Ihre Leistungen zu wenig gewürdigt?
Vielleicht, ja. Aber es ist nun mal so: Die Schweiz ist in Sachen Tenniserfolge extrem verwöhnt. Was ich erreicht habe, haben Roger, Stan und Martina mehrmals geschafft. Verstehen Sie mich nicht falsch, ihre Leistungen sind für mich Motivation. Ich möchte mich aber nicht mit ihnen vergleichen. Wie bereits gesagt, ich bin mit dem Jahr 2016 sehr zufrieden. Ich stand in einem Grand-Slam-Viertelfinal, im Halbfinal eines Turniers der zweithöchsten Stufe, habe mein erstes Sandplatz-Turnier gewonnen und dazu Olympiasilber. Ich würde für eine solche Saison jederzeit unterschreiben.
Sie befinden sich aktuell mitten in der Vorbereitung, zuvor haben Sie sich ein paar freie Tage gegönnt. Konnten Sie abschalten?
Ja, auf jeden Fall. Ich war mit meinem Freund auf Mauritius, es waren absolute Traumferien. Wir sind mit Delfinen geschwommen, waren wandern und fischen. Bei mir muss auch in den Ferien immer was gehen. Sehr zum Leidwesen von Andreas (lacht) .
Ich habe immer wieder betont, dass die Grenzen nach oben offen sind.
Sie haben in der Vergangenheit immer wieder gesagt, dass Sie sich keine konkreten Ziele setzen. Dennoch die Frage: Was haben Sie sich für 2017 vorgenommen?
Mein Ziel ist es immer, besser zu sein als im Vorjahr. Ich war im Mai die Nummer 9 der Welt und werde deshalb alles daran setzen, die Nummer 8 zu werden. Aber ich muss geduldig bleiben. Es gibt ein italienisches Sprichwort, an dem ich mich gerne orientiere: «Chi va piano va sano e lontano» (sinngemässe Übersetzung: «Gut Ding will Weile haben», Anm. d. Red.) . Ich vergleiche den Prozess mit dem Bau eines Hauses: Erst braucht es ein solides Fundament, ehe ich Stockwerk für Stockwerk bauen kann.
Und bei welcher Etage sind Sie aktuell angelangt?
Das ist eine gute Frage, ich weiss es nicht. Ich habe immer wieder betont, dass die Grenzen nach oben offen sind. Mit dem Bau des Daches werde ich also noch etwas zuwarten... (lacht) .
Sendebezug: Radio SRF 1, Abendbulletin, 13.12.16, 18:45 Uhr