Zum Inhalt springen

Corona-Impfung Schweizer Impfstoffe: Aus der Poleposition in die Versenkung

Im April 2020 schien ein Corona-Impfstoff aus Schweizer Labors schon in Griffweite. Seither ist es um die drei gross angekündigten Impfprojekte ruhig geworden.

Drei Schweizer Forscher und ihre Impfstoffprojekte: Im Frühjahr 2020 zählten sie für einen Vertreter der Task Force zu den 15 Spitzenreitern im Impfstoffrennen.

Ganz vorne mit dabei war Immunologe Martin Bachmann .

Im März schon stellte das Gesundheitsmagazin «Puls» sein Impfstoffprojekt vor, das er mit chinesischen Forscherinnen entwickelte. Basierend auf einem harmlosen Gurkenvirus sollte ein Impfstoff hergestellt werden – im grossen Stil.

In Produktion ist das Vakzin bis heute nicht. «Ich habe immer gesagt, ich sei ein bisschen optimistisch», meint Martin Bachmann lächelnd. «Aber ich habe schon daran geglaubt.»

Die Herstellung von Riesenmengen ist weiterhin das Ziel, «nur hat das spezielle Verfahren, mit dem wir das damals machen wollten, nicht geklappt.» Der Impfstofftyp, an dem weiterhin gearbeitet werde, sei viel komplizierter herzustellen als zum Beispiel ein RNA-Impfstoff.

Nächster Hoffnungsträger: das Projekt von Stefan Halbherr , Chef der Firma Innomedica. Sein Impfstoff sollte auf Fettteilchen basieren, die Produktion war – sehr sportlich – auf Juli angekündigt.

Doch bis heute hat keine einzige Dosis die Firma in Marly verlassen. «Unser Prototyp vom Frühling sah vor, dass Corona-Proteine in Bakterienkulturen hergestellt würden», so Halbherr gegenüber dem SRF-Gesundheitsmagazin. «Später hat sich gezeigt, dass sich das natürliche Coronavirus mit diesen Proteinen nicht gut genug nachahmen lässt.»

Viel Aufsehen erregte im Frühling Peter Burkhard : Den von ihm entwickelten Impfstoff spritzte er sich kurzerhand selbst.

Heute ist er längst mit anderen Projekten beschäftigt. Sein Corona-Impfstoff existiert nur noch als 3D-Modell im Computer, denn das Vorhaben musste schliesslich mangels Finanzen beerdigt werden.

Zuerst hiess es ‹ja, die paar Milliönli…›. Das klang natürlich gut.
Autor: Peter Burkhard Impfstoff-Forscher

«Bei der Vorstellung im April hat das BAG sehr grosses Interesse gezeigt. Und als ich das dafür nötige Finanzvolumen erklärt habe, hiess es ‹ja, die paar Milliönli…›. Das klang natürlich gut», erinnert sich der Impfforscher.

Doch während Moderna in den USA fast eine Milliarde Dollar Starthilfe vom Staat erhielt, trat man in Bern plötzlich auf die Bremse. Entschieden werde erst, wenn wirklich klar sei, was zum Erfolg führen könne. Für Peter Burkhard keine Option: «Ohne ein Budget von 10 Millionen Franken im April brauchten wir gar nicht erst anzufangen.»

Mit der Schweizer Finanzierungsstrategie hadert auch Stefan Halbherr: «Hätten wir mehr finanzielle Unterstützung erhalten im Fühling, hätten wir mehrere Proteinquellen gleichzeitig testen können. Dann hätten wir auch im internationalen Wettbewerb mithalten können.»

Immerhin: Im Forschungslabor kann Stefan Halbherr jetzt einen Impfstoff zeigen, der auch echte Viren neutralisieren und ohne problematische Hilfsstoffe auskommen soll. «Der ist von so guter Qualität, dass ich mich selbst und auch meine Kinder mit gutem Gewissen impfen würde.»

Die Akzeptanz für RNA- und Adenoviren-Impfstoffe ist in der Bevölkerung nicht so gross.
Autor: Martin Bachmann Immunologe

Auch Martin Bachmann glaubt an die Chance, in der zweiten Runde noch ins Ziel zu kommen. Einerseits gebe es hierzulande eine grosse Skepsis gegenüber den jetzt verfügbaren neuartigen Impfstoffen, andererseits bestehe in ärmeren Ländern ein Bedürfnis nach einem günstigen, unempfindlichen Impfstoff.

Der verbleibende Weg ist steil: In Studien an Menschen wurden die Impfstoffe von Halbherr und Bachmann noch nicht getestet.

Puls, 04.01.2021, 21:05 Uhr

Meistgelesene Artikel