Zum Inhalt springen

Legedatum Antike 1700 Jahre altes Ei – harte Schale, weicher Kern

In England wurde bei archäologischen Grabungen ein intaktes Ei aus der Antike entdeckt. Das Besondere daran: Es ist innen noch flüssig.

Vor fast zweitausend Jahren legt ein Huhn ein Ei. Nichts Spektakuläres. Hunderttausende Artgenossinnen tuns auch. Aber das Ei dieses einen Huhns hats in sich. Es überdauert unterirdische Jahrhunderte mit intakter Schale und komplettem Inhalt. Bis es bei Grabungsarbeiten in einer römischen Siedlung in der südenglischen Grafschaft Buckinghamshire gehoben wird.

Das antike Ei auf sandfarbenen Untergrund.
Legende: Um dieses Fundstück handelt es sich. Oxford Archaeology

Zusammen mit drei weiteren Eiern kommt es neben Lederschuhen, Tongefässen, einem Korb und Tierknochen zum Vorschein. Während die anderen Eier im Kontakt mit der Luft zerbrechen und einen üblen Gestank freisetzen, bleibt dieses eine aussen hart und innen weich.

Hart im Nehmen, weich im Innern

Es ist das älteste unversehrte Vogelei, das je ausgegraben wurde. In der Regel treffen Archäologinnen nur noch auf Bruchstücke von Schalen. Dass dieses Ei ganz blieb, ist die eine Sensation. Die andere, noch weit grössere, ist sein Inhalt: flüssiges Eigelb und Eiweiss.

Um diesen Einblick ins Innerste zu erhalten, mussten die Forschenden das antike Ei nicht etwa in die Pfanne hauen. Sie setzten auf eine sanftere Methode und legten es in die Röhre. Die Aufnahmen im Mikro-Scanner zeigen, dass sich hinter der Schale eine Flüssigkeit bewegt und das Ei noch immer eine Luftkammer hat. Das ist jener kleine Hohlraum am stumpfen Ende, das beim Schälen von hartgekochten Eiern zum Vorschein kommt.

Eher ein antikes Rührei als ein römisches Spiegelei

Die Scans hauen die Wissenschaftler um. Das haben sie nicht erwartet. Sie wollen das Ei durchleuchten, um herauszufinden, wie sie es am besten erhalten können. Sie rechnen damit, dass sein Inhalt wie bei älteren Funden mumifiziert ist. Im Lauf der Jahrhunderte vertrocknet.

Das römische Ei aus Aylesbury aber hat dichtgehalten. Davon kosten ist aber eher nicht empfehlenswert. Wer es öffnet, kriegt was in die Nase. Denn obwohl flüssig hat sich da im Innern durchaus was bewegt. Über die Jahrhunderte sind Eigelb und Eiweiss eins geworden. Es wäre also eher ein rezentes antikes Rührei als ein Spiegelei.

Altes Ei in moderner Laborküche

Vorerst wird es nicht angerührt. Obwohl die Lust der Wissenschaftler gross ist, das Ei sanft anzubohren und die Flüssigkeit zu analysieren. Gerne möchte sie auch mehr herausfinden über das Vogelweibchen, das dieses Ei vor fast zweitausend Jahren gelegt hat. War es wirklich ein Huhn oder doch ein anderer Vogel?

Und dann bleiben die Archäologinnen an ihrer Frage dran, wie man denn dieses kostbare Stück am besten aufbewahrt. Bisher jedenfalls hat es sich wacker gehalten. Selbst auf Reisen. Zum Beispiel auf dem Weg ins Naturhistorische Museum London, wohin es der Ausgrabungsleiter Edward Biddulph eigenhändig gebracht hat. Das sei schon ein wenig einschüchternd gewesen für ihn: mit so einem aussergewöhnlichen Ei U-Bahn zu fahren und zu Fuss zum Museum zu laufen.

Radio SRF 1, 13.02.2024, 16:44 Uhr

Meistgelesene Artikel