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Kein Ende in Sicht Forschung am Periodensystem der Elemente

An grossen Teilchenbeschleunigern versuchen Chemiker und Physikerinnen neue Teilchen zu erzeugen, um das Periodensystem zu erweitern. Mit Erfolg.

In Zukunft wird es im Chemieunterricht vielleicht noch etwas mehr zu lernen geben, denn das Periodensystem der Elemente ist noch nicht zu Ende geschrieben. In den letzten Jahrzehnten wurden immer wieder unbekannte Elemente entdeckt.

Es geht aber langsam voran, in den letzten gut 50 Jahren wurden nur 15 neue Elemente entdeckt. Diese existieren nur im Labor und nur für ganz kurze Zeit. Sie sind flüchtig wie der Wind, denn ihre Grösse macht, dass sie kaum existieren können. Sobald sie hergestellt sind, zerfallen sie wieder – im Extremfall sogar in Sekundenbruchteilen.

Die Superheavies

Diese Elemente sitzen am Ende des Periodensystems, das nach Grösse und Gewicht geordnet ist. Im Vergleich zu anderen Atomen sind diese neuen Elemente darum die dicken, fetten Brummer, die «Superheavies», wie die Forschenden sie nennen.

Und es ist gerade ihre Grösse und ihr Gewicht, die sie zu Sonderlingen im Periodensystem machen. Die Superheavies haben Eigenschaften, die nicht den gängigen Modellen entsprechen, sie sind ziemlich unberechenbar. Das macht sie für die Forschung wiederum sehr interessant.

Wie Elemente benannt werden

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Dies darf ein internationales Gremium, die IUPAC (International Union of Pure and Applied Chemistry). Wer ein neues Element entdeckt, darf dies der IUPAC melden und einen Namensvorschlag machen.

Dies darf aber nicht einfach ein Fantasiename sein, er muss entweder eine Person beinhalten, die etwas mit dem Gebiet zu tun hat oder einen geografischen Namen. Wenn die IUPAC zustimmt, wird der Name gültig und im Periodensystem eingetragen.

Namen von neuen schweren Elementen sind etwa Darmstadtium (nach dem Entdeckungsort Darmstadt), Moscovium (nach Moskau), Livermorium (nach dem Labor in Livermore), Nihonium (nach Nihon, Wort für Japan), Röntgenium (nach Wilhelm Konrad Röntgen).

Es gibt darum seit Jahrzehnten eine Jagd nach immer noch schwereren Elementen. Mit riesigen technischen Aufbauten und grossen Teilchenbeschleunigern schiessen die Forschenden kleinere Atome aufeinander, in der Hoffnung, dass zwei von ihnen miteinander verschmelzen und zu einem Superheavy werden. Und ganz selten klappt das auch tatsächlich.

Für eine ganz kurze Zeit existieren in diesen Experimenten also Atome, die es so noch kaum je gegeben hat auf der Erde – oder noch gar nie. Die Grenzen des Wissens und technischen Könnens werden damit verschoben – träumen erlaubt.

Was könnte man allenfalls anfangen mit einem neuen, unbekannten Element? Vielleicht finden sich ja noch stabilere Atome, die länger als ein paar Sekunden existieren, die gesuchte «Insel der Stabilität» nennen das die Wissenschaftler. Vielleicht ermöglicht ein solches Element einmal bahnbrechende Halbleitertechnologien, Anwendungen in der Medizin oder vielleicht eine Lösung für unseren Energiehunger?

Es ist Grundlagenforschung

Realistischerweise muss man sagen: alles völlig ungewiss, alles völlig offen. «Es ist ganz klar Grundlagenforschung – und wir erhoffen uns in erster Linie Wissen», sagt Christoph Düllmann, der in Mainz und Darmstadt an Superheavies forscht. Wie bei aller Grundlagenforschung gilt: Vielleicht wird einmal etwas ganz Konkretes daraus, ein Produkt, das zum Beispiel in jedem Haushalt steht. Vielleicht wird aber auch gar nie etwas daraus. Es ist letztlich eine Wette mit ungewissem Ausgang, mit dem Potenzial für grossen gesellschaftlichen Gewinn – oder einfach einem Stück mehr Wissen.

Das Periodensystem der Elemente.
Legende: GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung GmbH

Sollte also der Durchbruch ausbleiben, was durchaus möglich ist, werden künftige Schülerinnen und Schüler wohl nicht lernen müssen, was Nihonium, Tenness oder Oganesson bedeutet, dass das alles Namen sind für chemische Elemente.

Streit zwischen Ost und West um Namen

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Um das Element 104 entbrannte zu Zeiten des Kalten Kriegs ein Streit zwischen Ost und West. Je ein Labor im kalifornischen Berkeley und im russischen Dubna nahm für sich in Anspruch, Element 104 als erstes entdeckt zu haben. Es gab darum zwei Namensvorschläge und je nachdem, ob man im Westen oder im Osten zu Hause war, hiess Element 104 damals «Rutherfordium» oder «Kurtschatowium».

Erst im Jahr 1997 konnte der Streit beigelegt werden an einer Sitzung der IUPAC in Genf. Das russische und das amerikanische Labor kamen einander entgegen – etwas zähneknirschend, wie es heisst. 104 wurde so dann offiziell zu «Rutherfordium» Element 105 dafür zu «Dubnium».

Wissenschaftsmagazin, 9.8.2025, 12:40 Uhr

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