Seit dem Urknall wird unser Universum immer grösser. In den letzten paar Milliarden Jahren breitet es sich immer schneller aus – Galaxien fliegen also mit immer grösserer Geschwindigkeit auseinander.
Woher diese Beschleunigung kommt, ist nicht bekannt. Physikerinnen und Physiker nennen die Ursache dafür Dunkle Energie, ohne zu verstehen, was diese genau ist.
Albert Einstein setzte dafür einst eine Konstante in eine Gleichung. Er war aber selbst nicht von der Sache überzeugt. Dennoch setzte sich in den letzten Jahrzehnten die Ansicht unter Kosmologinnen und Kosmologen durch. Die Dunkle Energie bleibe konstant gleich stark, so die Annahme.
Und sie wird doch schwächer?
Neue Daten stellen nun das gängige Modell für unser Universum infrage. Die Dunkle Energie scheint sich abzuschwächen. Die Behauptung stellt die DESI-Kollaboration auf, die Gruppe um das Dark Energy Spectroscopic Instrument. Die Forschenden haben Daten von 13 Millionen Galaxien gesammelt und damit die grösste Karte unseres Universums erstellt.
Die Analyse der Daten soll zeigen, dass die Dunkle Energie über die Zeit schwächer werde. Die Daten erreichen noch nicht das statistische Gütesiegel eines wissenschaftlichen Funds. Führende Köpfe hinter DESI sprechen dennoch von einem Paradigmenwechsel.
Jean-Paul Kneib ist Professor an der ETH Lausanne und arbeitet selber bei DESI mit. Er räumt ein, es sei noch zu früh, um die Frage abschliessend zu beantworten. Aber die Daten würden in diese Richtung weisen. Er glaubt, dass schon in zwei Jahren der Datenhaufen so überwältigend sein werde, dass das Konzept einer konstanten Dunklen Energie ausgedient habe. Bis dann wird DESI noch Millionen von zusätzlichen Galaxien aufgenommen haben.
Hoffnung auf ein neues Modell des Universums
Die Daten von DESI sorgen aber unter Kosmologinnen und Kosmologen für Aufsehen. Ruth Durrer, Kosmologin an der Universität Genf, ist noch nicht überzeugt. Sie wünscht sich mehr Daten. Durrer schliesst nicht aus, dass irgendein physikalischer Effekt, der im weiten Universum spielt, bei der Datenauswertung vernachlässigt wurde.
Trotzdem würde die Kosmologin begrüssen, wenn DESI recht behielte: «Ich hoffe, DESI liegt richtig, das würde alles viel interessanter machen,» so Durrer. Die momentan gängige Idee der Dunklen Energie sei für sie immer ein schwieriges Konzept gewesen. Dass im leeren Raum eine schwache, aber konstante Energieform versteckt sei, die die Schwerkraft im Universum beeinflusse, habe sie nie recht glauben wollen.
Jagd nach dem Phantom
Die Kosmologie wird die Frage weiterverfolgen. Selbst wenn geklärt würde, ob sich die Dunkle Energie tatsächlich mit der Zeit verändert, wäre das grosse Rätsel um die Dunkle Energie noch nicht gelöst. Die Wissenschaft ist immer noch weit davon entfernt, zu wissen, was genau Dunkle Energie ist.
Sie scheint nur auf riesigen Skalen zu wirken – viel grösser als unsere Milchstrasse – erklärt die Kosmologin Ruth Durrer. Durrer glaubt nicht, dass man dereinst in einem Labor herausfinden könne, was Dunkle Energie genau sei. Dunkle Energie dürfte also ein Mysterium bleiben.