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100 Sekunden Wissen Delir: Der Mensch im absoluten Ausnahmezustand

Es gibt Situationen, da kriegt ein ganz normaler Mensch nichts mehr auf die Reihe. Zum Beispiel nach einer Operation oder auf der Notfallstation. Dann liegt vielleicht ein Delir vor.

«Es lebt der Eisbär in Sibirien, es lebt in Afrika das Gnu. Es lebt der Säufer im Delirium, in meinem Herzen lebst nur Du!»

Kennen Sie das Lied noch? Das mit dem «Säufer im Delirium» hat sich jedenfalls tief in unsere kollektiven Hirnwindungen gebrannt. Die meisten Menschen assoziieren deshalb mit dem Wort Delirium oder Delir Aussetzer nach einer rechten Alkoholschwemme. Das ist nicht ganz falsch – aber eben auch nicht ganz richtig, denn ein Delirium, ein Delir oder ein delirantes Syndrom kann auch ganz ohne Alkohol entstehen.

Das Wort Delirium kommt vom lateinischen «delirare», was so viel heisst wie «aus der Furche geraten». Ein gutes Bild für das Irresein, den Verwirrtheitszustand, der so häufig bei Menschen nach einer Operation, bei einem Gesundheitsschock auf der Notfallstation oder nach starken Medikamenten entsteht.

Besonders häufig ist das Delir bei Menschen über 65. Es kommt aber auch bei kranken Kindern vor. Plötzlich reden sie wirres Zeug, erkennen ihre Liebsten nicht mehr und sind überfordert, wenn sie sagen müssen, wann sie Geburtstag haben oder wie der amerikanische Präsident heisst.

Ein Delir ist ein Hirnzellenkiller par excellence. Umso wichtiger, dass es gut behandelt wird und umso wichtiger auch, dass es nicht als Säufersymptom geahndet oder als Demenz missdeutet wird. Da können die Angehörigen für die Profis in den Spitälern sehr hilfreich sein, denn sie wissen am besten, wie ihr lieber Mensch im Alltag tickt. So können sie helfen, dass der Delirante schnell wieder aus seinem Kopfchaos herauskommt – und wieder in die Furche gerät.

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