Alois Alzheimer kann man sich als beleibten Mann mit einem grossen rundlichen Gesicht vorstellen. Die Haare kurz geschnitten, ein Schnauz, ein Zwicker auf der Nase und dazu wahrscheinlich die meiste Zeit eine Zigarre im Mund. Offenbar lief er rauchend zwischen seinen Studenten auf und ab, schaute dabei durch das eine oder andere Mikroskop und vergass dann beim angeregten Diskutieren gerne die Zigarre auf dem Tisch des jeweiligen Studenten.
Solches trug sich kurz vor 1910 zu, als Alois Alzheimer im Psychiatrischen Institut der Universität München forschte und dozierte. Seit seiner Entdeckung der nach ihm benannten Krankheit waren da bereits neun Jahre vergangen.
Die Verwirrung der Auguste D.
1901 hatte er in der Irrenanstalt von Frankfurt am Main die Patientin Auguste Deter kennengelernt. Die 51-Jährige war von ihrem Ehemann in die Anstalt gebracht worden, nachdem sie sich im Verlaufe des Jahres stark verändert hatte. Sie war eifersüchtig geworden, hatte den Haushalt nicht mehr im Griff, versteckte Sachen, fühlte sich verfolgt und lag in ständigem Streit mit der Nachbarschaft.
Das im Krankenblatt protokollierte Eintrittsgespräch Alzheimers mit Auguste Deter ist in die Medizingeschichte eingegangen:
«Wie heissen Sie?»
«Auguste.»
«Familienname?»
«Auguste.»
«Wie heisst ihr Mann?» (Auguste Deter zögert, antwortet schliesslich)
«Ich glaube... Auguste.»
«Ihr Mann?»
«Ach so.»
«Wie alt sind Sie?»
«51.»
«Wo wohnen Sie?»
«Ach, Sie waren doch schon bei uns.»
«Sind Sie verheiratet?»
«Ach, ich bin doch so verwirrt.»
«Wo sind Sie hier?»
«Hier und überall, hier und jetzt, Sie dürfen mir nichts übel nehmen.»
«Wo sind Sie hier?»
«Da werden wir noch wohnen.»
«Wo ist Ihr Bett?»
«Wo soll es sein?»
Desinteresse bei Fachkollegen
Als Auguste Deter 1906 das Zeitliche segnete, untersuchte Alzheimer ihr Gehirn und stiess dabei auf bemerkenswerte Abnormitäten. Diese stellte er im gleichen Jahr an einer Tagung als «eigenartig schweren Erkrankungsprozess der Hirnrinde» vor, was bei den 88 anwesenden Medizinern aber auf wenig Interesse stiess: Keiner der Wissenschaftler hatte Fragen oder Anmerkungen zur Alzheimer-Krankheit. Das hat sich seither grundlegend geändert.