Im Bundesasylzentrum Embrach ZH ist bei einer Person Diphtherie ausgebrochen. Sie wurde ins Spital gebracht. Diphtherie kennt man hierzulande kaum mehr, in anderen Ländern jedoch ist die Krankheit zum Teil weit verbreitet. Eine Einordnung von SRF-Wissenschaftsredaktorin Irène Dietschi.
Was ist Diphtherie?
Diphtherie ist eine hochansteckende Infektionskrankheit, die durch Bakterien ausgelöst wird und sich über die Atemwege oder die Haut überträgt. Der Erreger (Corynebacterium diphtherieae) produziert ein starkes Gift, das Organe wie Herz und Leber dauerhaft schädigt. Eine Impfung schützt vor der Erkrankung.
Wo kommt die Krankheit vor?
In den Industrieländern ist Diphtherie dank der Schutzimpfung weitgehend verschwunden. Nach wie vor verbreitet ist sie in Weltregionen, in denen die Impfraten tief sind. Dazu zählen viele Länder in Afrika, Asien und Lateinamerika. Die meisten Diphtherie-Fälle traten in den vergangenen Jahren gemäss WHO in den Subtropen auf, vor allem in Indien.
Wie bedrohlich ist Diphtherie in der Schweiz?
Die Gefahr einer Ansteckung ist klein, da die meisten Personen hierzulande geimpft sind. Die Impfraten bei 2-jährigen Kindern liegen seit Jahren konstant bei 95 bis 96 Prozent. Dennoch gibt es auch in der Schweiz immer wieder Fälle: 2024 wurden gemäss BAG 49 Diphtherie-Fälle gezählt, seit Jahresbeginn 2025 waren es bis Ende Oktober bereits 13 Fälle.
Welche Vorsorgemassnahmen werden in den Asylzentren ergriffen?
Bei Asylsuchenden wird in der ärztlichen Sprechstunde systematisch der Impfstatus kontrolliert. Auch das Personal – inklusive Sicherheitspersonal – muss sich regelmässig einer solchen Kontrolle unterziehen. Ziel ist ein möglichst vollständiger Impfschutz gemäss Impfplan des BAG. Dies betrifft die Basisimpfungen: Diphtherie, Tetanus, Pertussis (Keuchhusten), Polio (Kinderlähmung), Masern, Mumps, Röteln, Varizellen (Windpocken) und Hepatitis B. Unvollständig geimpften Asylsuchenden werden die fehlenden Impfungen empfohlen. Zeigen sie Krankheitssymptome – etwa eine Rachenentzündung mit Belag bei Diphtherie –, werden sie genau untersucht, Rachen- oder Wundabstriche werden im Labor auf Bakterien getestet. Bei positivem Befund werden Betroffene isoliert und behandelt. Auch die Kontaktpersonen werden getestet und vorsorglich mit Antibiotika behandelt.
Welche anderen Krankheiten können Migranten treffen?
Migrantinnen und Migranten werden oft in ihrer Heimat mit dort zirkulierenden Krankheitserregern angesteckt. Oder sie infizieren sich auf der Reise, unter widrigen Umständen wie Krieg und Flucht. Nicht immer äussern sich die Infektionen akut, sondern sie schlummern chronisch oder (noch) ohne äussere Anzeichen im Körper. Beispiele sind Tuberkulose, HIV oder Hepatitis. Manche Erreger treten nur in den Herkunftsländern der Geflüchteten auf. Dazu zählen Parasitenkrankheiten wie Schistosomiasis – eine nicht-ansteckende Krankheit.
Kommen solche Einzelfälle wie der Fall Embrach auch in anderen Kontexten vor?
Wer einen ungenügenden Impfschutz gegen Diphtherie hat, kann sich zum Beispiel auf einer Auslandsreise anstecken und erkranken. Oder: Asymptomatische Trägerinnen und Träger können den Erreger – theoretisch – auf Ungeimpfte in der Schweiz übertragen. Gemäss der Plattform «Infovac» wurde im Jahr 2002 der Fall eines 8-jährigen, nicht-geimpften Kindes aus dem Entlebuch gemeldet, der an Rachendiphtherie erkrankt war.