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Bei einer Sepsis zählt jede Minute

Gerade bei der Gartenarbeit ist es schnell passiert: eine kleine Wunde, die sich infiziert. Der Kratzer kann schlimme Folgen haben. Bis zu 15'000 Menschen erkranken in der Schweiz jährlich an einer Blutvergiftung – die in gut jedem dritten Fall tödlich endet.

Von «Blutvergiftung» hat jeder schon von gehört – und doch wissen nur die wenigsten was wirklich dahinter steckt.

Die verbreitete Meinung, eine Blutvergiftung sei immer an blauen Streifen unter der Haut zu erkennen, ist ebenso falsch wie die Weisheit, dass eine Blutvergiftung ihre Ursache meist in einem rostigen Nagel oder dreckigen Messer hat. Zwar kann es durchaus solche Streifen geben (dann ist es höchste Zeit für den Arztbesuch!), und es kommt auch vor, dass Blutvergiftungen durch Dreck in kleinen Wunden ausgelöst werden. Aber das sind eher seltene Ausnahmen.

Genauso falsch ist die Annahme, die meisten Blutvergiftungen entwickelten sich im Spital bei eh schon geschwächten Menschen: Die sind zwar gefährdeter, aber treffen kann es jeden Menschen – auch gesunde.

Grossalarm im ganzen Körper

Eine Blutvergiftung entwickelt sich immer aus einer einfachen Entzündung. Das kann eine kleine Schnittwunde sein, viel öfter aber sind es Lungenentzündungen oder Darm- und Baucherkrankungen.

Das Immunsystem bekämpft eine Entzündung normalerweise erfolgreich selbst. Wenn da aber zu viele Erreger sind, ihr Gift sehr aggressiv ist, oder wenn die Immunabwehr aus irgendeinem Grunde schwächelt, dann ist der Körper überfordert. Und schlägt Grossalarm. Die Keime gelangen in die Blutbahn und breiten sich im ganzen Körper aus – das Immunsystem stuft folglich den ganzen Körper als Entzündung ein: Es greift nicht nur die Bakterien an, sondern auch den ganzen Körper.

Adern verstopfen, Blutflüssigkeit sickert durch beschädigte Adern ins Gewebe, es bleibt zu wenig Blut in den Gefässen. Der Blutdruck sinkt, obwohl das Herz wie wild rast. Die Organe erhalten zu wenig Sauerstoff und setzen aus. Eines nach dem andern. Zuerst meist die Nieren. Im fortgeschrittenen Stadium ist nur eine Intensivstation für die Behandlung Betroffener ausgerüstet.

Grosseinsatz in der Intensivstation

Ist eine Sepsis einmal als solche erkannt, heisst es schnell handeln. Denn der Zustand der Patienten verschlechtert sich innert weniger Stunden dramatisch.

Zuerst wird Blut abgenommen. Es gilt das verursachende Bakterium zu isolieren, um es schnellstmöglich mit dem entsprechenden Antibiotikum zu bekämpfen. Weil das mindestens 24 Stunden dauert, werden in der ersten Phase Breitband-Antibiotika eingesetzt, in der Hoffnung damit das Bakterium unschädlich zu machen. Wichtig ist auch, dass die Patienten genug Flüssigkeit bekommen.

Sind bereits erste organische Funktionen geschwächt, werden Sepsis-Patienten häufig ins künstliche Koma versetzt. Maschinen übernehmen dann die Arbeit der versagenden Organe und der Kreislauf wird mit hoch dosierten Medikamenten stabilisiert. Wenn möglich, wird der Infektionsherd entfernt.

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Unauffällige Symptome

Sepsis-Fälle nehmen leicht zu, was damit zu tun hat, dass wir immer älter werden. Ab 65 steigt die Gefahr einer Blutvergiftung und die Todesrate steigt, da sich der Körper im Alter tendenziell weniger stark wehren kann.

Das grosse Problem bei der Sepsis ist das rechtzeitige Erkennen der Symptome. Diese sind nicht eindeutig und ähneln oft der einer normalen Grippe. Symptome, die auf eine Sepsis hindeuten können, sind:

  • Fieber (> 38 °C) oder Untertemperatur (< 36 °C)
  • Plötzliche Verwirrtheit
  • Erhöhter Puls
  • Niedriger Blutdruck
  • Beschleunigte Atmung
  • eher kalte Arme, Beine, Hände und Füsse, die wie „marmoriert“ aussehen

Zudem sehen die Erkrankten häufig insgesamt blass bzw. grau-fahl aus.

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