Ferienzeit ist Reisezeit. Vielleicht packen Sie gerade ihre Koffer, stellen sicher, dass Sie alles dabei haben – Pass, Kreditkarte, Bikini. Vielleicht sind Ihre Vorbereitungen etwas aufwendiger, weil Sie Impfungen oder Medikamente brauchen. Sie sind also gut vorbereitet.
Trotzdem noch ein kleiner Hinweis, und er soll die Vorfreude nicht trüben: Seien Sie sich auch des Unfallrisikos bewusst. Denn geschätzte 25 Prozent aller Todesfälle auf Reisen gehen auf Unfälle zurück. Und die sind oft vermeidbar.
Unfällen könne man mit gezielter Aufklärung vorbeugen, sagt Dr. Stephen Hargarten. Was Unfälle bei Reisenden angeht, kennt er sich aus. Seit den 1980er Jahren forscht der Professor für Notfallmedizin am Medical College Wisconsin auf dem Gebiet.
Unfallträchtig: Strasse und Strand
Hauptgrund Nummer 1 für tödliche Unfälle auf Reisen ist der Strassenverkehr , egal ob Sie zu Fuss oder motorisiert unterwegs sind. Auch im Ausland gilt: Wer trinkt, fährt nicht! Alkohol in ungewohntem Verkehr ist noch gefährlicher.
Weitere Gefahrenquellen sind unlesbare Verkehrszeichen, lasche Verkehrsregeln (keine Helmpflicht) sowie schlechte Strassenverhältnisse. Statistiken zeigen: In Ländern mit niedrigem Einkommen ist der Strassenverkehr besonders riskant.
An zweiter Stelle: Ertrinken . Je nach Reiseland ist das sogar die grösste Gefahr. Betroffen sind ältere Menschen mit kardiovaskulären Vorerkrankungen, Kinder und – einmal mehr – alkoholisierte Personen. Gut beraten ist, wer sich vor Ort über gefährliche Strömungen schlau macht, vor allem bei unbeaufsichtigten Stränden.
Informationen und Beratung
Spezifische Statistiken zu erstellen und die grössten Risiken zu bewerten, ist gar nicht so einfach. Denn nicht alle reisen gleich, und auch die Länder sind nicht gleich. «Eine 18-Jährige reist anders als eine 80-Jährige. Wer 14 Tage in einem All-inclusive-Resort verbringt, ist mit anderen Risiken konfrontiert als jemand, der die Anden mit dem Motorrad erkundet», ordnet Stephen Hargarten ein.
Fehlende Statistiken
Absolute Zahlen gibt es nicht. Die Todesursachen von Reisenden werden in deren Heimat oft nicht erfasst. «Man muss die Fakten sammeln», betont Hargarten. Das sei wichtig, denn mit diesen Fakten könne man gezielt ein Bewusstsein für die Risiken schaffen und gegebenenfalls Regeln oder Verbote ableiten, erklärt er die Rolle der Reisemedizin in der Unfallverhütung.
Dass die gesammelten Fakten zu Veränderungen führen können, zeigt das Beispiel «Selfies». Jedes Jahr häufen sich Meldungen über Reisende – vor allem junge Männer –, die beim Selfiemachen von Klippen gestürzt oder ertrunken sind. Studien fordern, diese Gruppe gezielt aufzuklären. Besonders gefährliche Stellen in Italien, den USA oder auf der Insel Goa wurden zudem bereits zu «No-Selfie-Zonen» erklärt.
«Für noch mehr aussagekräftige und gezielte Empfehlungen braucht es aber bessere Statistiken», so Hargarten. «Dann kann man Verhalten beeinflussen, um den ‹Worst case› zu verhindern.»
Zum Schluss noch eine Entwarnung. Seit Jahren kursiert die Meldung, dass jährlich 150 Personen von Kokosnüssen erschlagen würden. Die Zahl stimmt nicht. Sie stammt aus einer falschen Hochrechnung einer Reiseversicherung. Fallende Kokosnüsse sind zwar nicht so tödlich, führen aber doch oft zu schweren Kopfverletzungen. Wenn Sie den Liegestuhl also unter einer Palme aufstellen, lohnt sich der prüfende Blick nach oben tatsächlich.