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Die Orientierungsläuferin Judith Wyder sprintet auf einer Wiese gegen eine Konkurrentin.
Legende: Judith Wyder auf Bronzekurs während des Langdistanz-Laufs bei den Orientierungslauf-Weltmeisterschaften 2014. Keystone

Erfolg – Alles Kopfsache

Üben, um besser zu werden. Durchbeissen, um weiter zu kommen. Diszipliniert sein, um als Vorbild zu dienen. Egal ob Spitzensportler, Arbeitnehmer oder Führungsperson: Sportler arbeiten mit Mentaltricks, die jeder gebrauchen kann.

«Am Limit wird man dümmer!» Judith Wyder muss es wissen. Sie war 2014 die erfolgreichste Orientierungsläuferin der Welt. Drei Goldmedaillen an der Weltmeisterschaft, drei Goldmedaillen an der Europameisterschaft, einmal Silbe im Gesamt-Weltcup brachte sie nach Hause, um nur eine Auswahl zu nennen. Doch im Orientierungslauf an der Weltspitze müssen nicht nur die Beine schnell, sondern auch der Kopf klar sein.

Zusammen mit der Sportpsychologin Andrea Binggeli arbeitet die 26-Jährige daran, bei körperlicher Höchstleistung voll präsent und fokussiert zu bleiben. Die Kopfarbeit ist nicht der Grund für die Erfolge, aber sicherlich ein Schlüssel dazu. «Es ist noch nicht lange her, da bin ich an einem wichtigen Lauf gleich mehrere Male einfach am Posten vorbeigelaufen, ohne ihn zu sehen. Heute sollten mir solche grossen Fehler nicht mehr passieren.»

Andreas Hulliger bei einem Klippensprung.
Legende: Andreas Hulliger. Keystone

Der Sprung vom Hochhaus

Auch Klippenspringer Andy Hulliger arbeitet an seiner mentalen Stärke. «Paradox! Ich habe Höhenangst und springe aus 27 Meter in die Tiefe», beschreibt er selbst die Überwindung, die ihn seine Sprünge aus grosser Höhe kosten.

Man versteht Andy Hulligers Höhenangst, aber man versteht nicht, dass er trotzdem freiwillig ab der Höhe eines zehnstöckigen Hauses ins Wasser springt. Ohne die perfekte mentale Vorbereitung würde der bald 30-Jährige dies kaum unverletzt überstehen.

«Mentale Stärke ist, wenn jemand zum Zeitpunkt X seine Bestleistung abrufen kann», sagt Sportpsychologe Jörg Wetzel, der seit den Olympischen Winterspielen 2006 in Turin das Schweizer Team begleitet. «Aber auch das Verarbeiten von Niederlagen oder der Umgang mit den eigenen Emotionen sind nicht nur für Spitzensportler, sondern für uns alle wichtige Themen.» Darum berät Jörg Wetzel nicht nur Sportler, sondern auch Führungspersonen aus der Wirtschaft.

Von den Profis lernen

Mit ihnen arbeitet er an der Zielformulierung, an der Konzentration und der Entspannung. Er übt mit seinen Klienten die Gedankenkontrolle und lässt sie Selbstgespräche führen. Er schärft mit ihnen die Wahrnehmung und hilft beim Visualisieren.

Visualisieren ist das, was Experten unter mentalem Training verstehen: das Abspielen von Bewegungen, von zukünftigen Situationen und Erfolgen im Kopf. Dies motiviert, fokussiert und trainiert den Sportler – aber auch «Normalmenschen», die von den Strategien der Sportler durchaus auch profitieren können.

Wer sich drückt, hat schon verloren

«Weicht ein Leichtathlet einer Hürde aus, ist er disqualifiziert. Weiche ich einem Problem aus, komme ich nicht weiter», bricht Jörg Wetzel das Thema für Businessleute, Führungskräfte und oder ganz normale Arbeitnehmer herunter.

Diese Tipps können wir von Spitzensportlern übernehmen:

  • Unangenehme Situationen müssen wir aushalten können. An Grenzen zu stossen schadet nicht. Sonst droht die Komfortfalle: Wir scheuen Herausforderungen aus Bequemlichkeit – entwickeln uns so aber auch nicht weiter.
  • Um zum Zeitpunkt X bereit zu sein, müssen wir uns vorbereiten. Zu einer richtigen Vorbereitung gehören das Antizipieren der Situation, das heisst, man stellt sich die herausfordernde Situation genau vor. Beispiel: Wo wird das Bewerbungsgespräch wohl stattfinden? Wer wird anwesend sein? Was könnte besprochen werden? Daraus entwickeln sich «Wenn-dann»-Strategien: Wenn ich bei einem Gespräch nervös werde, achte ich darauf, langsamer zu sprechen und so wieder Ruhe entstehen zu lassen.
  • Führen hat in erster Linie mit mir selber zu tun. Als führende Person bin ich Vorbild und werde nur ernst genommen, wenn ich vorlebe, was ich vorschreibe.

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